In einer Asylunterkunft in Kernen gab es Streit. Ein Bewohner musste sich daraufhin wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht verantworten. Er hatte mit einer Bierflasche zugeschlagen.

Rems-Murr: Sascha Sauer (sas)

Kernen - Der wichtigste Zeuge ist abgetaucht. Und so bleiben viele Fragen offen. Doch für die Richterin Bidell ist am Ende der Verhandlung erwiesen: Weil er einem anderen Asylbewerber mindestens zweimal eine Bierflasche über den Kopf gezogen hat, hat sich der Angeklagte der schweren Körperverletzung schuldig gemacht.

 

Platz- und Schnittwunden am Kopf

Der Fall, der vor dem Amtsgericht Waiblingen verhandelt wurde, trug sich am Abend des 11. Januar dieses Jahres in einer Asylunterkunft in Kernen zu. Laut Staatsanwaltschaft soll Emre Derrida (alle Namen geändert) den 21-jährigen Yaro Chatti mit einer Bierflasche schwer verletzt haben. Der Geschädigte trug Platz- und Schnittwunden am Kopf davon, was auch Fotos belegen. „Ich habe mich nur verteidigt, weil ich mein Geld zurückhaben wollte“, sagte der 22-jährige Angeklagte.

Derrida, der seit Ende November in Deutschland ist, erzählte vor Gericht, dass Chatti ihm Geld aus seiner Umhängetasche klauen wollte. „Als ich ihn dabei erwischte, entschuldigte er sich nicht, sondern er reagierte heftig.“ Dann sei es zu einer Rangelei zwischen den beiden gekommen. Mit der Bierflasche habe er aber nicht zugeschlagen, sagte der Angeklagte.

Mehrmals betonte Derrida, dass er bei dem Vorfall betrunken gewesen sei. Von mehr als zehn Bieren ist die Rede. Seit er Algerien verlassen habe, trinke er fast täglich diese Menge Alkohol, sagte der Angeklagte. „Ich bin nach Deutschland gekommen, um mein Leben zu ändern und nicht um Probleme zu bereiten.“

Plötzlich spürte das Opfer einen Schmerz

Der Geschädigte Chatti erzählte im Zeugenstand eine andere Geschichte. So sei es bereits am Vortag der Auseinandersetzung zu einem Streit in der Küche der Asylunterkunft gekommen. „Er hatte mich immer wieder grundlos beschimpft, dass ich ihn beklauen würde“, sagte der junge Tunesier. Der Angriff mit der Bierflasche sei dann völlig überraschend für ihn gekommen. „Ich stand draußen und telefonierte, dann spürte ich einen Schmerz.“

Ohne Vorwarnung habe Derrida ihn von hinten attackiert, erzählte Chatti. „Er sagte auch, dass er mich töten will.“ Dann habe er gemerkt, dass er am Kopf blute. Wie oft der Angeklagte mit der Bierflasche auf ihn eingeschlagen habe, fragte ihn die Richterin. Das wusste der Geschädigte aber nicht genau: „Mindestens aber zweimal“, sagte er.

Auch ein Landsmann von Chatti sollte als Zeuge vernommen werden. Es heißt, er hätte den Vorfall vor dem Eingang der Asylunterkunft beobachtet. Doch der junge Mann war, nachdem er vergangene Woche erfahren hatte, dass sein Asylantrag abgelehnt wurde, abgetaucht.

Der Staatsanwalt hat keine Zweifel

Der Staatsanwalt hatte keinen Zweifel daran, dass Derrida mit der Bierflasche zugeschlagen hat: „Aber der Angeklagte war auch im Glauben, dass er bestohlen worden war“, sagte er. Die Richterin Bidell folgte dem Plädoyer des Staatsanwaltes und verurteilte Derrida zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Die Strafe wird zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. „Die Verletztungen waren schwerwiegend“, sagte die Richterin.