Gemeinde Wüstenrot gegen die Lang-Schwestern: Der Streit über die Verschmutzung des Finsterroter Sees geht in die nächste Runde. Das Heilbronner Landgericht fordert neue Gutachten.

Wüstenrot - Man hat sich nicht viel zu sagen. Zwischen Helga Lang und ihrer Schwester Christa Kemppel-Lang als Eigentümerinnen des Finsterroter Sees (Kreis Heilbronn) einerseits sowie dem Wüstenroter Bürgermeister Timo Wolf herrscht das buchstäbliche Schweigen im Walde. Mit dem zuständigen Richter des Heilbronner Landgerichts haben am Dienstag die Prozessgegner aber sehr wohl gesprochen. Er soll entscheiden, wer dafür verantwortlich ist, dass an dem idyllisch gelegenen Weiher im Schwäbisch-Fränkischen Wald nicht mehr gebadet werden darf.

 

Zu einer Entscheidung kam er am Dienstag aber nicht. Bis zum 20. November haben die Lang-Schwestern und die Gemeinde Zeit, sich in dem mittlerweile jahrelang währenden Streit doch noch zu einigen. Wahrscheinlich wird der langen Akten-Reihe mit Gutachten und Gegengutachten zu den Ursachen für die Verschmutzung des einst so beliebten Badesees ein weiterer hinzugefügt. Der Richter hat jedenfalls durchblicken lassen, dass er Sachverstand zu Rate ziehen möchte in der Frage, wie die Belastung durch Phosphor und Kolibakterien zu beseitigen seien – und vor allem, wer dafür finanziell aufkommen muss.

Gutachten: die Kläranlage ist schuld

Für die Lang-Schwestern, als Nachkommen des letzten Finsterroter Müllers die Besitzerinnen des dreieinhalb Hektar großen Sees, ist der Fall klar. Sie stützen sich in ihrer Argumentation auf ein fast hundert Seiten starkes Gutachten aus dem Jahr 2013. Bei starkem Regen seien die Regenüberläufe und das Überlaufecken an der 900 Meter oberhalb des Sees gelegenen Kläranlage der Gemeinde Wüstenrot überlastet. Das Abwasser rausche dann ungeklärt in den Dachsbach, der den See speist. Die Fäkalien landen damit auch im See. Das führe zu einer Verschmutzung mit Kolibakterien und einer erhöhten Phosphorbelastung, die wiederum das Wachstum von Blaualgen begünstige.

Der Gutachter hat mehrere Maßnahmen vorgeschlagen, die helfen sollen, die Wasserqualität zu verbessern. Dazu gehören günstigere Mittel, etwa die regelmäßige Mahd des anderthalb Hektar großen, als Naturdenkmal geschützten Schilfgürtels. um die Filterwirkung des Schilfs zu verbessern. Dazu gehört aber auch die Anlage eines etwa 250 000 Euro teuren Retentionsbodenfilters – keine Kleinigkeit für die strukturschwache Gemeinde. Etwas günstiger wäre es wohl, das Abwasser bei Starkregen in einem Graben und den Ablauf der Kläranlage in einer Art Rohr am See vorbeizuführen.

Hoffnungsfunken für Besitzerinnen: eine Petition

Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz hatte die Wasserqualität seit 2013 immer wieder als mangelhaft bewertet. Im vorigen Jahr galt ein ganzjähriges Badeverbot. In diesem Jahr meldete die Gemeinde als zuständige Behörde den Finsterroter See als EU-Badegewässer ab. Die Lang-Schwestern erzürnte dies umso mehr, als sie darüber nicht informiert worden waren – und in den vergangenen zehn Jahren mehr als eine halbe Million Euro in den See, einen neuen Abenteuerspielplatz und den Kiosk mit Seeterrassen investiert haben. Mittlerweile haben sie mehr als 3500 Unterschriften für eine Petition gesammelt, die sie im Oktober im Stuttgarter Umweltministerium einreichen wollen.

Aus Sicht der 6700 Einwohner zählenden Gemeinde sind die Ursachen für die Verschmutzung keineswegs so eindeutig. Vor allem aber „kosten die geforderten Maßnahmen sehr viel Geld“, so der Bürgermeister Wolf, „und es gibt keine Gewähr, dass sie ausreichen, Badewasserqualität zu bekommen.“ Die juristische Argumentation der Gemeinde: die Kläranlage sei genehmigt und werde dem Stand der Technik entsprechend betrieben.

Doch ist die Genehmigung für die Kläranlage Ende 2016 ausgelaufen. Erst im Juni verlängerte das Landratsamt Heilbronn rückwirkend die Betriebserlaubnis – auf drei Jahre befristet. Und die Gemeinde Wüstenrot verpflichtete sich, bis August 2019 ein gewässerökologisches Gutachten vorzulegen. Vielleicht haben die Parteien ja bis dahin wieder eine Grundlage gefunden, miteinander zu sprechen.