Die US-Forderungen nach drastisch höheren Verteidigungsausgaben platzen in den beginnenden Wahlkampf in Deutschland. Die SPD im Bundestag nennt die geforderten Beträge „abenteuerlich“.

Brüssel - Nach der US-Drohung an die Nato-Partner bahnt sich in Deutschland ein politischer Streit über die künftigen Verteidigungsausgaben an. Die SPD im Bundestag machte noch am Mittwochabend deutlich, dass sie nichts davon hält, die deutschen Ausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen, nur weil die USA sonst ihr Engagement im Bündnis zurückfahren wollen.

 

Für Deutschland würde das fast eine Verdoppelung der Ausgaben bedeuten, rechnete der verteidigungspolitische Sprecher Rainer Arnold vor. Ein derart drastische Erhöhung halte er für „ehrlich abenteuerlich“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). „Wo sollen wir denn hin mit dem ganzen Geld?“

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sprach hingegen in den „ARD“-Tagestehmen von plausiblen Forderungen. Es sei nicht fair, dass die Amerikaner doppelt so viel leisteten wie alle Europäer zusammen, sagte die CDU-Politikerin. Sie hätten recht, wenn sie einen glaubwürdigen Plan für das Erreichen des 2-Prozent-Ziels einforderten.

Nach Angaben aus Nato-Kreisen müsste Deutschland eigentlich rund 75 Milliarden US-Dollar ausgeben. Nach jüngsten Nato-Vergleichszahlen lag die Bundesrepublik zuletzt bei Ausgaben von knapp 45 Milliarden Dollar. Nach anderen Rechenmodellen wäre die relative Steigerung sogar noch größer.

Auf Druck der USA hatten sich die Nato-Partner 2014 das Ziel gesetzt, ihre Verteidigungsausgaben innerhalb eines Jahrzehnts auf mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern. Deutschlands Quote lag zuletzt bei nur 1,2 Prozent.

Arnold sagte, Deutschland erhöhe bereits seine Ausgaben und müsse diesen Weg weitergehen. Die Zwei-Prozent-Regel sei aber eher für schwächere Volkswirtschaften geeignet. „Sollte sich bei uns die Wirtschaftsentwicklung abschwächen, kämen wir auch schnell auf zwei Prozent - geholfen wäre damit aber niemandem“, sagte der Verteidigungsexperte. „Ich halte das für eine merkwürdige Debatte.“ Sinnvoller sei eine Klärung, „welche Fähigkeiten Deutschland und andere Partner jeweils einbringen können“.

Von der Leyen betonte, dass die Bundeswehr das zusätzliche Geld sehr wohl gebrauchen könne. „Wenn wir sehen, wie viele Aufträge die Bundeswehr heute für unsere Sicherheit leistet, (...) dann weiß ich genau, dass wir das nur durchhalten, wenn auch dauerhaft mehr in die Bundeswehr investiert wird“, erklärte sie mit Blick auf zahlreiche Auslandseinsätze.

Die Drohungen der USA gegen die Nato-Partner versuchte sie herunterzuspielen. Ihr US-Kollege James Mattis habe ihr sehr deutlich klargemacht, wie „unverbrüchlich“ die USA zu den gemeinsamen Werten der Nato stünden, sagte sie in den ARD-„Tagesthemen“. „Die Amerikaner wissen auch, was sie an Europa und ihren alliierten Freunden haben.“

Das Vorgehen der USA, den Plan für höhere Verteidigungsausgaben der Europäer mit einem Ultimatum einzufordern, kritisierte von der Leyen nicht direkt. Sie sagte allerdings, kostbar sei in der Nato auch „das tiefe Vertrauen, dass wir füreinander einstehen ohne Wenn und Aber“.

Am zweiten Tag ihres Treffens in Brüssel wollen die Verteidigungsminister der Nato-Staaten an diesem Donnerstag über die Fortschritte bei der Aufrüstung in Osteuropa reden. Direkt im Anschluss kommen dann die Mitglieder der internationalen Koalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zusammen. Zu ihr gehören neben den 28 Nato-Staaten auch Länder wie Saudi-Arabien oder Jordanien.