Der Walheimer Schuhhersteller und der Olympische Sportbund liegen im Clinch: Die Firma hatte angekündigt, ihren Sponsorenvertrag nicht zu verlängern und Kritik geübt – woraufhin ihr fristlos gekündigt wurde. Nun müssen vermutlich die Richter entscheiden.

Walheim - Die Schuhe, die der deutsche Fahnenträger Sebastian Brendel bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele in Rio unlängst trug, dürften Lewin Berner nicht gefallen haben. Auffällig waren die Turnschuhe, knallrot und mit schwarzen Streifen. Vor allem aber stammten sie aus Herzogenaurach und waren von Adidas – und nicht aus Walheim von Berners Firma Sioux.

 

„Damit, dass die Sportler während der Abschlussfeier andere Schuhe trugen, hat sich eine Partei nicht an einen gültigen Vertrag gehalten. Und diese Partei waren nicht wir“, sagt der Geschäftsführer Berner. Der Hintergrund seines Ärgers: Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat den Walheimern vor wenigen Tagen den Sponsorenvertrag fristlos gekündigt. Kurzfristig steckte der DOSB bei der offiziellen Abschlussfeier seine Athleten in die Adidas-Schuhe, statt, wie vertraglich seit 1972 vereinbart, in Modelle von Sioux. Rund 1500 Paar hatte das Unternehmen nach Rio geliefert; eine sechsstellige Summe lässt sich Sioux dieses Sponsoring kosten – das nun abrupt beendet wurde.

Seit 44 Jahren stattet Sioux die Athleten aus

Dementsprechend überrascht war man in der Walheimer Zentrale denn auch von der Umkleideaktion. „Verstehen kann ich die fristlose Kündigung nicht“, sagt Berner. Doch die Eskalation ist nur ein weiterer Schritt eines größeren Streits: Während der Spiele hatte das Schuhunternehmen in einer Mitteilung verkündet, nach 44 Jahren aus dem Sponsoring der Olympischen Spiele auszusteigen. „Eine schmerzhafte, aber richtige Entscheidung“ – so lautete der Titel der Erklärung. Was in den Zeilen danach steht, dürfte den Funktionären des DOSB kaum gefallen haben und der Grund für die fristlose Kündigung sein.

Die Olympischen Spiele hätten sich immer mehr von ihrem eigentlichen Sinn entfernt, schreiben die Walheimer, „die gesellschaftliche Verwurzelung der Spiele nimmt ab“. Auch kritisiert Sioux einen „Gigantismus“ bei Olympia und führt „soziale, volkswirtschaftliche und ökologische Verwerfungen“ an den Austragungsorten auf. „Wir scheiden daher Ende 2016 mit Auslaufen des bisherigen Vertrages als Ausstatter aus.“ Eine Mitteilung, sagt Berner heute, die eigentlich nur für die lokalen Medien bestimmt gewesen sei – aber einen bundesweiten Sturm ausgelöst habe. Von vielen Seiten kam Zuspruch, auch in den sozialen Netzwerken. Dabei sei es gar nicht das Ziel gewesen, so laut zu trommeln, meint Berner. „Die großen Wellen, die das gezogen hat, haben uns überrascht.“

Der DOSB hat den Vertrag fristlos gekündigt

Eine dieser Wellen, die nun gen Walheim schwappt, ist die Kündigung. Sioux habe die olympische Bewegung in Verruf gebracht, heißt es vonseiten der Anwälte des DOSB und seiner Tochter, der Deutschen Sportmarketing (DSM). Zudem habe Sioux Vertragsdetails offengelegt, was die Kündigung rechtfertige.

Berner sieht das naturgemäß anders und verweist darauf, dass das Ende des Vertrags bereits öffentlich bekannt gewesen sei. Und: „Ich fühle mich frei, mich zu den Gründen der Nichtverlängerung zu äußern.“

Das geplante Ende der Zusammenarbeit sei kein Urteil über den DOSB oder seine Verantwortlichen gewesen – „und schon gar nicht über die Athleten“, das habe man auch immer betont. Die Entscheidung, den Vertrag nicht zu verlängern, sei über die vergangenen zwölf Monate gereift und habe sich in den vergangenen Wochen verdichtet. „Augenöffner“ waren laut Berner die Volksentscheide in Hamburg und München, bei denen die Bürger jeweils gegen die Ausrichtung der Spiele votiert hatten. „Es scheint ein tiefes Unbehagen in der Bevölkerung zu geben“, meint der Geschäftsführer.

Sioux will gegen die Kündigung klagen

Der 42-Jährige will das sofortige Ende der Zusammenarbeit nicht akzeptieren und klagt daher vor dem Landgericht Frankfurt, um die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen. „Wir sind jetzt auf dem Kriegspfad und haben gezwungenermaßen das Kriegsbeil ausgegraben“ – wohl wissend, dass damit für das Unternehmen auch Aufwand und Risiko einhergehen. Dieser Tage entfernen die Mitarbeiter vorsorglich das Olympia-Logo von allen Geschäftspapieren, Unterlagen und Schuh-kartons, um im Falle einer juristischen Schlappe keine Strafen zu riskieren.

Aus der Frankfurter Zentrale des DOSB war trotz mehrmaliger Anfrage keine Stellungnahme zu erhalten. Gegenüber anderen Medien hatten die Sportfunktionäre die fristlose Kündigung bestätigt, sich aber mit Verweis auf ein laufendes Verfahren nicht weiter äußern wollen.

Der nächste spannende Fernsehabend dürfte für Berner und sein Unternehmen nun am 7. September ins Haus stehen. Dann beginnen in Rio die Paralympischen Spiele mit der Eröffnungsfeier. „Wir gehen davon aus, dass die Athleten dabei unsere Schuhe tragen, die Verträge vonseiten des Verbandes erfüllt werden – und wir freuen uns auf die Spiele“, sagt Berner.