Deutschlands Sicherheit wird teurer. Das Zwei-Prozent-Ziel der Nato geht in die richtige Richtung. Dass die SPD da bremst, ist falsch, kommentiert Bärbel Krauß.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Wenn US-Präsident Trump daran liegt, die Verteidigungsfähigkeiten in der Nato zu stärken, hat er sich mit seinem Schulden-Tweet im Nachgang zum Besuch von Angela Merkel in Washington keinen Gefallen getan. Dass er die Deutschen bezichtigte, sie hätten wegen der Lastenverteilung in der Nato Schulden bei den USA, ist eine Verfälschung der Fakten und eine Frechheit dazu.

 

Auch in Trumps Amtszeit gilt, dass Verträge einzuhalten sind, und dass sie nicht einseitig und nachträglich verändert werden können. Das bindet den US-Präsidenten genauso, wie es die Bundesrepublik und die übrigen Nato-Partner bindet. Das heißt erstens, dass in den vergangenen Jahrzehnten in der Nato nirgendwo Schulden aufgelaufen sind, die irgendjemand jetzt eintreiben könnte. Es heißt zweitens, dass die Landes- und Bündnisverteidigung sowie die Sicherheitsvorsorge deutlich mehr Geld kosten werden als in den vergangenen beiden Dekaden. Das liegt nicht an Trump, sondern an der Weltlage. Nicht er hat als Erstes verlangt, dass die Nato-Partner wegen der veränderten Sicherheitsanforderungen möglichst zwei Prozent ihrer Wirtschaftskraft für Verteidigung aufbringen sollen. Das haben die 28 Nato-Staaten 2002 erstmals ins Auge gefasst und 2014 und 2016 per offiziellem Beschluss bekräftigt.

Die Bundeswehr und die Nato müssen Ausrüstungslücken schließen

Dass die Staaten des Westens deutlich mehr Geld für Sicherheit als bisher brauchen, liegt ganz wesentlich an zusätzlichen Aufgaben. Anders als in den vergangenen Jahrzehnten ist die Nato nicht mehr nur außerhalb ihres Bündnisgebietes bei Kriseninterventionen und -prävention gefordert; Russlands aggressive, Grenzen missachtende Außenpolitik, die sich bei der Annexion der Krim erstmals gezeigt hat, bedroht auch das Gebiet der Nato. Waren für die Out-of-Area-Einsätze der vergangenen Jahre vor allem Fähigkeiten zum Lufttransport und leichtere Panzerfahrzeuge notwendig, braucht es für die Territorialverteidigung auch wieder schwere Kampfpanzer und ähnliche Waffensysteme, über die die Nato und die Bundeswehr nicht mehr in ausreichender Zahl verfügen. Im Interesse vorsorgender Sicherheitspolitik müssen diese Lücken in der Ausrüstung geschlossen werden – auch in Deutschland.

Dass die Nato im Baltikum und in Polen im Rotationssystem für internationale Truppenpräsenz sorgt, die den Einwohnern und den Regierungen dort ein wenig von ihrer Angst vor dem russischen Nachbarn nehmen, ist bündnispolitisch notwendig und teuer. Neu ist außerdem, dass die Nato-Partner Fähigkeiten mindestens zur Abwehr von Cyberangriffen aufbauen müssen. Das verlangt Investitionen in die Sicherheit militärischer Computer- und Waffensysteme, und es braucht Computerspezialisten, die feindliche Hacker im Ernstfall abwehren können. Das aufzubauen, steht die Bundeswehr erst am Anfang. Für die deutschen Streitkräfte kommt als drittes Aufgabenfeld hinzu, dass sie ihre offenen Stellen nach Aussetzung der Wehrpflicht so attraktiv machen müssen, dass der Nachwuchs freiwillig zur Truppe kommt. Auch das kostet mehr Geld.

Schulz spielt Rüstungsausgaben gegen Sozialleistungen aus

Deshalb ist das Zwei-Prozent-Ziel auch für Deutschland richtig. Trotz Wahlkampf wäre es aller Ehren wert, die Bürger davon zu überzeugen. Leider macht der SPD-Kanzlerkandidat Schulz – unterstützt von Außenminister Gabriel – das Gegenteil. Sie brandmarken die Nachrüstungsnotwendigkeiten in der Nato als Aufrüstungsspirale ohne Sinn und Verstand. Schulz spielt höhere Rüstungsausgaben sogar gegen Sozialleistungen aus. Das ist gewiss populär, aber sachgerecht und ehrlich ist es nicht. 2020 und danach wird es sinnvoll sein, zu überprüfen, ob bei der militärischen Ausrüstung das Nötige erreicht ist, auch wenn noch keine Zwei vor dem Komma steht. Aber es ist falsch, schon jetzt auf die Bremse zu gehen und Aufwendungen für diesen Aufgabenbereich zu diskreditieren.