In der letzten Sitzung des Bezirksbeirats Stuttgart-Ost vor Weihnachten ist der Streit um Bäume oder Parkplätze zwischen dem ökosozialen und dem bürgerlichen Lager eskaliert. Die Sitzung wurde vorzeitig beendet, nachdem SPD, Grüne und SÖS-Linke-Plus den Saal verließen und das Gremium so beschlussunfähig war.

S-Ost - Ausgerechnet die letzte Sitzung des Bezirksbeirats Stuttgart-Ost vor Weihnachten ist mit einem Eklat zuende gegangen. Die Situation war vom bürgerlichen Lager herausgefordert und von der Bezirksvorsteherin Tatjana Strohmaier verschärft worden und gipfelte darin, dass die Vertreter des ökosozialen Lagers den Sitzungssaal verließen und das Gremium so beschlussunfähig machten.

 

Auslöser war der Tagesordnungspunkt „Straßenbaumkonzept – neue Baumquartiere in der Bussenstraße und Libanonstraße“. Bei diesem Thema sind im Osten längere Grundsatzdiskussionen programmiert. Auf der einen Seite im Bezirksbeirat sitzen die nicht unbedingt zum liberalen Flügel der Christdemokraten zählenden und um jeden Parkplatz kämpfenden Vertreter der CDU mit dem Sprecher Karl Christian Hausmann. Direkt gegenüber versuchen die Mitglieder von SÖS-Linke-Plus mit dem Grundsatzredner Ulrich Rockenbauch bei jeder Gelegenheit, das Stadtklima zu verbessern. SPD und Grüne, die zusammen mit SÖS-Linke-Plus über die Mehrheit im Bezirksbeirat verfügen, sind im Vergleich dazu relativ zurückhaltend. Allerdings stehen sich die Lager seit einiger Zeit zunehmend unerbittlich gegenüber.

14 Bäume mehr, 14 Parkplätze weniger

Es ging also um „das zentrale Thema im Bezirksbeirat Stuttgart-Ost – Bäume oder Parkplätze“, wie es Rockenbauch ausnahmsweise einmal ironisch auf den Punkt brachte. Grundlage war die vom Gemeinderat beschlossene Novellierung der Stuttgarter Baumschutzsatzung. Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt war in dem Zuge beauftragt worden, Ausgleichstandorte im öffentlichen Straßenraum für auf Privatgrundstücken gefällte Bäume zu finden. Die nicht nur wegen ihrer aufkommenden Erkältung an diesem Abend am meisten zu bedauernde Vertreterin des Gartenamts erklärte, dass nach eingehenden Prüfungen und Analysen 268 solcher Ausgleichsstandorte gefunden worden seien. Drei davon liegen in der Bussenstraße und in der Libanonstraße im Stuttgarter Osten.

Dort sollen bis Herbst 2015 14 Bäume gepflanzt werden. Im unteren Bereich der Bussenstraße sollen es amerikanische Stadtlinden sein, im oberen Bereich Roteschen, in der Libanonstraße Französischer Ahorn. 90 000 Euro sind dafür veranschlagt, 14 Parkplätze würden wegfallen.

Kritik an später Einbeziehung

Die Streichung von Parkplätzen nimmt die Ost-CDU nie hin und initiierte eine „Bürgerumfrage“. 150 Anwohnern in der Bussenstraße wurde ein Fragebogen in den Briefkasten geworfen, in dem sie sich zum Wegfall der Parkplätze äußern sollten. Befragt wurden aber nicht etwa alle Anwohner. Da einer der geplanten Baumpflanzbereiche erst bei dem Haus Nummer 37 beginnt, wurde auch erst ab dort eingeworfen, nicht aber schon bei der 36. Die Rücklaufquote der Umfrage lag bei 25 Meldungen, was 17 Prozent entspricht. Das führte zu Aussagen wie: „88 Prozent der Anwohner lehnen die Baumpflanzungen ab.“

Parteiübergreifend klang im Bezirksbeirat Kritik an der späten Einbeziehung des Gremiums und damit auch der Bürger in die Planungen an. Allerdings wurde im Verlauf der Sitzung schnell deutlich, dass die CDU vor allem einen Beschluss erreichen wollte, der ihr selbst Bürgernähe bescheinigt und dem politischen Gegner abspricht. Die Formulierung dieses Beschlusses übernahm die Fraktion allerdings nicht selbst, sondern überließ es der Bezirksvorsteherin.

Am Ende beschlussunfähig

Tatjana Strohmaier formulierte dann sinngemäß: Den Baumpflanzungen wird zugestimmt unter der Maßgabe, dass zuvor die Bürger in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Das wollten Grüne, SPD und SÖS-Linke-Plus aber nicht mitmachen und forderten eine getrennte Abstimmung über die beiden Punkte.

Mit 11 gegen 6 Stimmen stimmte das Gremium dann den Baumpflanzungen grundsätzlich zu. Dann beharrte Strohmaier auf der zweiten Abstimmung und verknüpfte in ihrer Formulierung erneut die Zustimmung zu den Baumpflanzungen mit der Einbeziehung der Bürger. Hinweise, dass das nicht korrekt sei, weil der Grundsatzbeschluss ja bereits stehe, akzeptierte sie mit lauter werdender Stimme nicht und versuchte unter dem Beifall von CDU und dem AfD-Vertreter, die Abstimmung durchzusetzen. Nach immer hitziger werdendem Streit zunächst über das Thema an sich und dann über den Beschluss verließ das ökosoziale Lager nach dem Antrag zur Feststellung der Beschlussfähigkeit schließlich entnervt den Bürgersaal.