Stuttgarts OB Fritz Kuhn will sparen. Deshalb bangen jetzt das ifa und die Schauspielbühnen in Stuttgart, die Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann stärker fördern will.

Stuttgart - Der Haushaltsentwurf für 2016 und 2017, den Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) vor wenigen Tagen im Gemeinderat eingebracht hat, ist am Dienstag im Kulturausschuss des Gremiums bezüglich seiner kulturpolitischen Inhalte scharf kritisiert worden. „Da fehlen einem die Worte, dass jemand, der nicht an den Beratungen teilgenommen hat, jetzt sagt, ein Drittel reicht“, schimpfte Andreas Keller, der ehemalige Intendant der Bachakademie und Mitglied der sogenannten Sachkundigen Bürger im Kulturausschuss.

 

Der Hintergrund: Die von Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) Ende 2014 vorgeschlagenen und von ihr zur Priorität Nummer eins erklärten pauschalen Zuschusserhöhungen um bis zu 15 Prozent, insbesondere für personalintensiv arbeitende Stuttgarter Kulturinstitutionen, haben ein Gesamtvolumen von 1,3 Millionen Euro. In Kuhns Haushaltsentwurf tauchen diese, von weiten Teilen des Kulturausschusses begrüßten, Maßnahmen zur Behebung der strukturellen Unterfinanzierung jedoch nur mit 438 000 Euro auf. „Das kann nicht sein“, sagte Petra Bewer. „Wir sind sehr verwundert in Bezug auf eine völlig andere Prioritätenliste“, erklärte Christian Dosch – beide ebenfalls Mitglieder der sogenannten Sachkundigen. Ines Pieper von den Schauspielbühnen in Stuttgart, die vor zwei Jahren keine Zuschusserhöhung erhalten hatten und deshalb in Eisenmanns ursprünglicher Liste alleine schon mit einer Zuschusserhöhung von fast 397 000 Euro vorgesehen sind, bekannte: „Ich bin fassungslos.“

Befremden über die Zuschusserhöhung für „Colours“

Besonderes Befremden bei den Sachkundigen aber auch bei den Fraktionen – mit Ausnahme der Grünen – löste auch der Umstand aus, dass Kuhn in seinem Haushaltsentwurf von sich aus die städtischen Zuschüsse für Eric Gauthiers Tanzfestival „Colours“ um 100 000 Euro erhöhen sowie ein „Aufstiege“ betiteltes Lichtkunstprojekt der Kulturregion mit 120 000 Euro fördern will. Für „Colours“ sei noch nicht einmal eine Abrechnung erfolgt, sagte Dosch – also sei eine sofortige Zuschusserhöhung beispiellos. „Da kann sich jeder seinen Reim darauf machen“, ergänzte Jürgen Sauer (CDU). „Warum Gauthier 100 000 Euro mehr kriegen soll, erschließt sich uns nicht“, assistierte ihm Guntrun Müller-Enßlin (SÖS-Linke-Plus). Und bezüglich der Lichtinstallation erklärten mehrere Mitglieder des Ausschusses, noch nie etwas von ihr gehört zu haben.

Auch bezüglich der künftigen städtischen Förderung des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) machte der Kulturausschuss am Dienstag deutlich, dass er eine andere Position vertritt als der OB. 1993 hatte die Stadt ihren Zuschuss der schwierigen Finanzlage wegen mit Zustimmung von Bund und Land halbiert. „Seit damals verhält sich die Stadt nicht mehr vertragskonform“, hieß es deshalb Ende Juni in einer von Susanne Eisenmann unterschriebenen Mitteilungsvorlage. Stuttgart solle seinen Zuschuss in Höhe von derzeit 328 000 Euro um jährlich 430 000 Euro erhöhen, forderte deshalb die Kulturbürgermeisterin in der Sitzung des Kulturausschusses vor drei Monaten. Der Ausschuss unterstützte dieses Vorhaben Ende Juni einstimmig.

OB Fritz Kuhn plant mit einem Viertel für das ifa

Doch OB Kuhn sieht in seinem Haushaltsentwurf nur eine Erhöhung um 100 000 Euro vor. Entsprechend eindeutig fiel nun die Ablehnung der vorgeschlagenen Summe aus. „Das ist nicht mal ein Viertel dessen, was vertraglich zugesagt wurde“, stellte Derjan Perc (SPD) fest. Wieder waren sich die Fraktionen in ihrer Ablehnung einig, wieder oblag es Andreas Winter (Grüne), als Einziger seinen Parteifreund Kuhn zu verteidigen. Wer Haushaltsberatungen kenne, der wisse, dass die Zahl in Kuhns Haushaltsentwurf als „nicht dramatisch“ zu bewerten sei. Doch der ifa-Generalsekretär Ronald Grätz machte deutlich, dass er das versprochene Geld brauche.