Der Stuttgarter Autobauer Daimler will mit einer verbesserten Software den Stickoxid-Ausstoß bei etlichen Modellen verringern. Damit sollen auch Zweifel an der Zulässigkeit seiner Abgasreinigung beseitigt werden.

Stuttgart - Paul Russmann ruft dazu auf, den Vorstand und den Aufsichtsrat von Daimler auf der Hauptversammlung am kommenden Mittwoch nicht zu entlasten. Der Stuttgarter Friedens- und Öko-Aktivist begründet dies in einem Gegenantrag zur Tagesordnung des Aktionärstreffens unter anderem mit „Hinweisen auf schwere gesundheitliche Folgen durch Dieselmotoren“. Russmann kritisiert, dass auch fabrikneue Diesel-Pkw der neuesten Schadstoffnorm Euro 6 den gesetzlichen Stickoxid-Grenzwert von 80 Milligramm je Kilometer nur auf dem Prüfstand im Labor einhalten. Im Alltagsbetrieb, so der Daimler-Aktionär, lägen die Werte bei bis zu 312 Milligramm je Kilometer beim Mercedes-Benz V 250 Bluetec 2.1. Das Unternehmen geht in seiner Stellungnahme zu dem Gegenantrag nicht auf den konkreten Vorwurf ein, sondern hebt stattdessen hervor, dass Mercedes als erster Hersteller neue Motoren auf den Markt bringe, „die bereits heute die ab September 2017 für die EU geplanten strengeren Emissionsgrenzwerte erfüllen.“

 

Mit dieser Stellungnahme, die den Blick in die Zukunft richtet, dürften sich Russmann und die anderen Gesinnungsgenossen vom Kreis der Kritischen Daimler-Aktionäre nicht zufrieden geben. Denn in dieser Woche hat das Thema Diesel und Daimler neue Dynamik gewonnen, weil nun die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen Mitarbeiter des Autobauers ermittelt. Sie werden verdächtigt, wie im Falle VW betrügerische Manipulationen bei der Software zur Steuerung der Schadstoffwerte vorgenommen zu haben und gesetzeswidrig für besonders umweltfreundliche Autos zu werben, die in Wirklichkeit gar nicht so sauber sind.

Daimler-Chef Zetsche: Wir haben keine Manipulationen vorgenommen

Daimler-Chef Dieter Zetsche hat solch einen Verdacht immer wieder energisch zurückgewiesen, wie etwa vor zwei Jahren bei der Frankfurter Automesse IAA. „Wir haben keinerlei Manipulationen an unseren Fahrzeugen vorgenommen“, versicherte Zetsche. In letzter Zeit und nach dem fortgesetzten Trommelfeuer gegen den Diesel, ist eine gewisse Nachdenklichkeit bei Zetsche erkennbar. In einer Journalistenrunde räumte der Daimler-Chef beim Genfer Autosalon ein, dass die Autoindustrie in der Vergangenheit beim Diesel Fehler gemacht habe, indem gesetzliche Spielräume in unterschiedlicher Bandbreite ausgenutzt worden seien. „Da ist einiges falsch gelaufen“, sagte Zetsche.

Das kann man durchaus auch auf die V-Klasse beziehen, die Paul Russmann in seinem Gegenantrag zur Hauptversammlung anführt. Eine von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt nach dem Bekanntwerden des VW-Abgasskandals eingesetzte Untersuchungskommission monierte in ihrem Abschlussbericht, dass der Stickoxid-Wert bei dieser Variante der V-Klasse von Mercedes-Benz ebenso wie bei etlichen Modellen anderer Marken deutlich über dem erlaubten Grenzwert liege. Daimler wies ebenso wie die anderen kritisierten Autobauer darauf hin, dass die Abgasreinigung bei niedrigen Außentemperaturen herunter geregelt werden müsse, um den Motor zu schützen. Die Untersuchungskommission hatte jedoch Zweifel, „ob die gewählten Thermofenster in vollem Umfang durch den Motorenschutz gerechtfertigt sind“.

Daimler sieht die Zweifel an seiner Abgasreinigung ausgeräumt

Daimler versprach ebenso wie Audi, Opel, Porsche und VW, die Abgasreinigung mit einem Software-Update zu verbessern. „Wenn der Hersteller, wie beabsichtigt, die Maßnahmen ergreift und das Kraftfahrtbundesamt sich von der Wirksamkeit überzeugt, würden Zweifel an der Zulässigkeit der Abschalteinrichtung aus Motorschutzgründen nicht weiter bestehen,“ heißt es in dem Bericht mit Blick auf die Stuttgarter.

Daimler sieht die Zweifel heute ausgeräumt. „Das Kraftfahrtbundesamt hat uns jüngst schriftlich darüber informiert, dass die betroffenen Fahrzeuge die Grenzwerte einhalten und durch die freiwilligen Service-Maßnahmen die Stickoxid-Emissionen über einen erweiterten Temperaturbereich reduziert werden“, teilt der Autobauer auf Anfrage mit. Bisher seien etwa 23 000 und damit die Hälfte der betroffenen V-Klasse-Fahrzeugen nachgerüstet worden. Daimler ruft nicht nur die Top-Variante mit Sechszylinder-Diesel, sondern auch die Vierzylinder zurück.

Zusätzlich hat Daimler auch einen freiwilligen Rückruf bei Wagen der Kompaktklasse gestartet. Dies wird damit begründet, dass der Partner Renault, der den Motor liefert, eine weiterentwickelte Software angeboten habe, mit der die Funktionsweise der Abgasrückführung verbessert wird. Die Abgasrückführung soll dazu beitragen, dass weniger Stickoxide entstehen. Dieser Rückruf betrifft 211 000 Fahrzeuge der A-Klasse, B-Klasse, CLA-Klasse und GLA-Klasse. Die ersten Fahrzeuge sollen noch im März nachgerüstet werden. Renault hat Daimler schon vor der Nachrüstung zugesichert, dass die Motoren die gesetzlichen Bestimmungen erfüllen.