Die Schönbuchbahn soll für 87 Millionen Euro erweitert werden. Nun streiten die beteiligten Kreise Böblingen über die Finanzierung.

Böblingen/Tübingen - Der Grundsatzbeschluss zum Ausbau und der Elektrifizierung der Schönbuchbahn ist zwar schon längst gefallen, doch nun gibt es Streit darüber, wer ihn bezahlt. Der Kreis Tübingen, der mit 20 Prozent am Zweckverband Schönbuchbahn beteiligt ist, möchte sich nicht in diesem Umfang an den Kosten beteiligen. Das bedeutet, dass der andere Anteilseigner – der Kreis Böblingen, der 80 Prozent hält – mehr bezahlen müsste.

 

47,5 Millionen Euro sollen die geplante Elektrifizierung und der teils zweigleisige Ausbau kosten. Wenn alles gut läuft, übernimmt das Land 35 Millionen Euro. 12,7 Millionen Euro muss der Zweckverband tragen. Hinzu kommen weitere 40 Millionen Euro für neue Elektrofahrzeuge, für die es nach heutigem Stand keine Landeszuschüsse gibt.

800 000 Euro zahlt momentan der Kreis Tübingen als jährliche Umlage an den Zweckverband. 1,8 Millionen Euro wären es nach der Elektrifizierung von 2017 an, haben die Tübinger errechnet. „Das steht in keinem Verhältnis zu den 5500 Einwohnern, die in Dettenhausen an die Schönbuchbahn angeschlossen sind“, sagt der Tübinger Landrat Joachim Walter.

90 Prozent der Fahrgäste kommen aus dem Kreis Böblingen

Er und seine Kollegen im Landratsamt wundern sich, wie man bei der Gründung des Zweckverbands vor 20 Jahren auf die Anteile von 80 Prozent Böblingen und 20 Prozent Tübingen gekommen ist: „Egal, wie man es betrachtet, der Kreis Tübingen hat einen wesentlich geringeren Anteil an der Bahn.“ Nur 1,1 Kilometer der insgesamt 17 Kilometer langen Strecke liegen in diesem Kreis. Das entspricht sechs Prozent. Nur zehn Prozent der Fahrgäste kommen aus Tübingen, 90 Prozent aus Böblingen. Zudem komme der jetzt geplante Ausbau vor allem den Kommunen und den Einwohnern des Kreises Böblingen entgegen. Nur bis Weil im Schönbuch soll der 15-Minuten-Takt eingeführt werden. Die Dettenhauser Bürger haben davon nichts. „Warum also sollen wir ein Fünftel dieser Verbesserungen bezahlen?“, fragt der Landrat Walter.

Er verweist darauf, dass der Kreis Tübingen noch jede Menge anderer Bahnprojekt zu stemmen habe. So ist eine Regionalstadtbahn im Gespräch, und es soll die Ermstalbahn elektrifiziert werden. Zudem steht auch der Ausbau der Ammertalbahn an – auch hier ist der Träger ein gemeinsamer Zweckverband mit dem Kreis Böblingen. Allerdings sind die Mehrheitsverhältnisse umgekehrt: 80 Prozent hält Tübingen, 20 Prozent Böblingen. „Das entspricht auch in etwa dem Anteil an der Strecke“, sagt der Landrat Walter.

Mit seinem Böblinger Kollegen Roland Bernhard hat er bereits Gespräche über die Kostenanteile beim Ausbau der Schönbuchbahn geführt. „Er hat mir versprochen, dass man nun die Kosten berechnet, die auf die 15-Minuten-Taktung zurückzuführen sind. Auf dieser Grundlage wollen wir erneut verhandeln“, sagt Joachim Walter. Roland Bernhard signalisiert Gesprächsbereitschaft, sagt aber auch: „Es war ein glasklarer Wunsch des Landkreises Tübingen und besonders von Dettenhausen, an die Schönbuchbahn angeschlossen zu bleiben.“

Züge zwischen Böblingen und Holzgerlingen sind überfüllt

Für den Böblinger Landrat ist der Ausbau der Schönbuchbahn eine Herzensangelegenheit. Denn die Reaktivierung der 1966 stillgelegten Bahnlinie erweist sich als eine ausgesprochene Erfolgsgeschichte. Als die Strecke zwischen Böblingen und Dettenhausen im Jahr 1996 wiederbelebt wurde, hatten die Planer mit 2500 Fahrgästen pro Tag gerechnet. Doch mittlerweile nutzen an Wochentagen mehr als 8000 Kunden den Zug, und für die Zukunft prognostizieren Experten sogar 10 000 Fahrgäste täglich. Besonders zu den Hauptverkehrszeiten sind die Züge zwischen Holzgerlingen und Böblingen vollkommen überfüllt. Deshalb sollen die Taktzeiten verkürzt werden. Dafür muss die Strecke jedoch zumindest teilweise zweigleisig ausgebaut werden.

Alles dreht sich nun um die Frage, wer das bezahlen wird. Ende Oktober steht die nächste Sitzung des Zweckverbands an. Die beiden Landräte geben sich optimistisch: „Wir werden eine faire Lösungen für alle Beteiligten finden.“