Der Umzug des historischen Jahrmarkts innerhalb des Höhenparks schien bereits beschlossen. Doch nun gibt es Streit – wegen eines Verkaufsstands.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Stuttgart-Nord - Manche Dinge nehmen eine erstaunliche Wendung“, sagt Andrea Krueger. 20 Minuten lang hat die Bezirksvorsteherin mehr oder minder wohlwollende Kommentare zu dem Vorschlag eingesammelt, den historischen Jahrmarkt im Höhenpark auf dem Killesberg auf einen anderen Platz zu verlegen. Dann herrschte allenthalben Empörung unter den Bezirksbeiräten. Auslöser des Sinneswandels war ein Kiosk, der an eben jener Stelle aufgebaut werden soll. Dass die Gaukler weichen, wäre in Ordnung, dass sie einem Verkaufsstand weichen sollen, „das hat ein Geschmäckle“, sagt die FW-Beirätin Anna Kedziora. So sahen es am Ende mit ihr die anderen Lokalpolitiker.

 

Seit mehr als 15 Jahren baut das Ehepaar Eliszi und Uwe Kircher jedes Frühjahr am Fuß des Aussichtsturms seinen historischen Jahrmarkt auf, mit Waffelstand, Orgel, Schiffsschaukel, Kinderkarussell, Theaterzelt. Im Lauf der Zeit wuchs und wuchs der Markt. „Das war uns nicht immer recht“, sagt Eberhard Schnaufer, der beim Gartenamt für den Park zuständig ist. Ein Kettenkarussell war der Stadt dann eine Attraktion zu viel. Es wartet wieder im Lager auf andere Einsätze. Der Jahrmarkt ist höchst beliebt, nicht nur bei Kindern. Kaum ein Bezirksbeirat, der nicht bekannte, regelmäßig Gast bei den Kirchers zu sein.

Manchen nervt die Orgel, andere der Trubel

Manchen nervt allerdings die Orgelmusik. Andere stört der Trubel an dieser Stelle generell. So wird schon seit Jahren immer wieder mehr oder minder vage über einen Umzug gesprochen. Jüngstes Argument sind laut Schnaufer „Schwierigkeiten mit dem Verkehr an stark frequentierten Tagen“. Weil Lieferanten die umliegenden Lokale anfahren, sei womöglich sogar Gefahr für Kinder zu befürchten. Kurz und knapp: Der Jahrmarkt wäre auf einem weniger beliebten und belebten Platz im Park besser untergebracht. Schon diesen April sollten die Buden andernorts aufgebaut werden.

So sahen es auch die Bezirksbeiräte. „Ich finde den neuen Platz schonender“, sagte der Christdemokrat Timo Haug. Zu klären sei allerdings noch die Frage nach öffentlichen Toiletten. „Das fing mit einem kleinen netten Zirkus an“, meinte Sebastian Sage für die SPD, „ich bin für eine Verlagerung“. Der Grüne Ralph Wöhrle entwarf schon mal den Zukunftsplan, dass das Killesberg-Bähnle eine Haltestelle Jahrmarkt am neuen Standort eröffnen könnte.

„Das wäre ein Schlag ins Gesicht der Familie Kircher“

So wäre der Umzug beschlossen worden, hätte Schnaufer nicht nebenbei jenen Kiosk erwähnt. Den möchte die Betreiberin des in Fankreisen wegen seiner samstäglichen Schlagerpartys bekannten Lokals Milchbar eröffnen, gewissermaßen als Außenstelle. Aber den Jahrmarkt wegzujagen, um am gleichen Platz einen neuen Anziehungspunkt für Publikum zu genehmigen, „wäre ein Schlag ins Gesicht der Familie Kircher“, sagte Kedziora.

Pikanterweise hat das Gartenamt bereits seinen Segen zur Milchbar-Außenstelle gegeben und die Betreiberin aufgefordert, „die Genehmigung voranzutreiben“, wie Schnaufer es formulierte. Was die Lokalpolitiker umso mehr empörte, weil sie zuvor nicht gehört worden waren. „Die Neigung, einem Kiosk zuzustimmen, ist vorsichtig formuliert unterentwickelt“, sagte Krueger, „und vollendete Tatsachen halten wir für ein sehr schwieriges Vorgehen“. Bei der nächsten Sitzung soll das Gartenamt erklären, wie es dazu kam, womit der Jahrmarkt zum Politikum wurde. In dessen Zentrum steht nun Eliszi Kircher, die nicht nur Jahrmarktbetreiberin ist, sondern auch als Clownin selbst auftritt. Sie und ihr Mann hatten beim Gedanken an einen Umzug „jahrelang ein ganz komisches Gefühl, aber wir haben uns damit angefreundet“, sagt Kircher. „Der neue Platz hat auch Vorteile.“ Sie gibt zu, dass ihre Orgel laut sei, es gebe Leute, die sich beschwerten. Das wolle sie nicht, grundsätzlich nicht, weil sie niemanden stören will. Außerdem seien sie auf Beliebtheit angewiesen. Ihr wäre es nur recht, wenn die Entscheidung bald fiele: „Unsere Flyer müssen in Druck“, sagt Kircher, „und dafür müssen wir wissen, wo wir sein werden“.