Entgegen der Aussagen der Anwälte von Stefan Mappus bleibt das Landesarchiv bei seiner Darstellung: Man habe schriftlich und mündlich beim Ex-Premier um die Überlassung von Akten zur EnBW-Affäre gebeten. Unterdessen ist eine neue Panne bei der Staatsanwaltschaft bekannt geworden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Im Streit um die Herausgabe von Akten wehrt sich das Landesarchiv Baden-Württemberg gegen die Darstellung der Anwälte von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU). Entgegen den Angaben der Kanzleien Kleiner (Stuttgart) und Holthoff-Pförtner (Essen) habe man Mappus sehr wohl schriftlich und mündlich um die Übersendung von Unterlagen gebeten, schrieb die Behörde in einer Stellungnahme. Zugleich widersprach sie der Behauptung, ihre Schilderung der mündlichen Nachfrage sei „nachweisbar und nach eigenem Bekunden . . . unzutreffend“.

 

Mappus’ Anwälte hatten nach einem StZ-Bericht über eine Strafanzeige des Archivs Auskunft über die Anfragen an den Ex-Premier erbeten. Die Behörde verwies daraufhin auf ein Einschreiben vom April 2011 an Mappus und eine spätere mündliche Nachfrage bei seinem Büro. Zu dem Einschreiben bemerkten die Anwälte lediglich, dieses habe ihrem Mandanten nicht vorgelegen. Über die Gründe dafür äußerten sie sich nicht. Verwaltungsintern wird darauf hingewiesen, es sei die Pflicht eines Ministerpräsidenten, sein Büro so zu organisieren, dass ihn an ihn persönlich gerichtete Schreiben auch erreichten. Ausführlich widmeten sich die Anwälte dagegen der mündlichen Nachfrage, die im Landesarchiv nicht dokumentiert war. Aus der Tatsache, dass weder ein Zeitpunkt noch der Ansprechpartner benannt werden konnten, folgerten sie, die Darstellung sei „nachweislich unzutreffend“. Dem tritt das Archiv deutlich entgegen: Die Tatsache des Anrufs im Mai 2011 sei „vom zuständigen Mitarbeiter ausdrücklich bestätigt worden“.

Innerhalb der Behörde wurde das Vorgehen der Anwälte nach StZ-Informationen als dreist empfunden; sie hat sich nun ihrerseits juristischen Beistand gesichert. Auch das zuständige Wissenschaftsministerium bestätigte auf Nachfrage das Schreiben an Mappus „mit der Bitte um Kontaktaufnahme zwecks Übergabe von Schriftgut“; es liege dem Ressort vor.

Landeskriminalamt sucht alleine nach Daten

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart teilte derweil mit, die bei einer Durchsuchung im Staatsministerium gesicherten Datenträger und Daten würde alleine vom Landeskriminalamt (LKA) ausgewertet. Auf externe Spezialfirmen müsse man dabei nicht zurückgreifen, weil im LKA genügend Kompetenz vorhanden sei, sagte eine Sprecherin. Ziel ist es, gelöschte oder vernichtete Inhalte wiederherzustellen. In Polizeikreisen wurde jedoch auf eine heikle Konstellation für den Fall verwiesen, dass sich auch Daten zum „schwarzen Donnerstag“ im Schlossgarten finden. Der heutige LKA-Präsident Dieter Schneider war damals nämlich als Inspekteur der Polizei mit der Vorbereitung des Einsatzes befasst.

Neue Panne bei der Staatsanwaltschaft

Unterdessen wurde eine neue Panne bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart bekannt: In der Bestätigung einer Strafanzeige zum EnBW-Deal schrieb sie von einem „Ermittlungsverfahren wegen Betruges gegen Stefan Mappus“. Bisher wird gegen den Ex-Premier wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Der Anzeigeerstatter, ein pensionierter Polizist, hatte keinen Betrugsvorwurf erhoben, sondern gebeten zu prüfen, ob Mappus finanziell von dem Milliardengeschäft profitiert habe. Die Behördensprecherin sprach von einem Fehler beim Ausfüllen eines Formblatts. Nicht-Juristen hätten versucht, den Inhalt der Anzeige grob einzuordnen. Allerdings war das Schreiben, mit dem die Staatsanwaltschaft auf wiederholte Briefe an den Behördenchef Siegfried Mahler reagierte, von einer Justizangestellten „auf Anordnung“ unterzeichnet. Schon im Februar 2011 – kurz vor der Landtagswahl – hatte es Wirbel gegeben, als bei der Bestätigung einer Anzeige von Ermittlungen gegen Mappus die Rede war. Sogar das Justizministerium hatte damals irritiert bei den Ermittlern nachgefragt. Tatsächlich kamen Ermittlungen erst anderthalb Jahre später in Gang.

Zweifel an Notheis’ Aussage zu Einnahmen

Noch offen ist, ob der frühere Morgan-Stanley-Chef Dirk Notheis erneut vor dem Untersuchungsausschuss aussagen wird. Wenn er kommt, dürfte es auch um frühere Aussagen zur Bedeutung des Deals für die Investmentbank gehen. Notheis hatte auf SPD-Fragen mehrfach betont, vom Honorar für den EnBW-Deal – etwa 15 Millionen Euro – hänge „nicht das Wohl und Wehe“ der Bank ab; es habe „keine gesteigerte Bedeutung“ für Morgan Stanley. Die später veröffentlichte Bilanz zeigte ein anderes Bild: Der wichtigste Einnahmeposten, die Provisionen aus dem Investmentbanking, wäre noch stärker als ohnehin schon eingebrochen – von 72 auf 40 statt 55 Millionen Euro. Ohne den EnBW -Deal hätte die Bank wohl kaum 13,5 Millionen Euro Überschuss vor Steuern ausweisen können.