Der lange geplante Bau des Sandstrands am Neckar in Remseck droht zu scheitern. Naturschützer haben ihr Veto eingelegt, denn in dem Gebiet leben geschützte Arten: vom Juchtenkäfer bis zum Nachtkerzenschwärmer.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Remseck - Der lange geplante Bau des Sandstrands am Neckar in Remseck droht zu scheitern. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Stadt im Herbst mit den Bauarbeiten für das 1,3 Millionen Euro teure Projekt beginnt. Die Europäische Union hat Zuschüsse in Höhe von 400 000 Euro bewilligt, auch der Stuttgarter Regionalverband unterstützt das Vorhaben. Nicht so die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises, wie sich jetzt herausstellt. Der Strand könne wegen natur- und artenschutzrechtlicher Bedenken in dieser Form nicht umgesetzt werden, erklärt Annegret Kornmann, die Sprecherin des Landratsamts.

 

Kornmann verweist auf ein von der Stadt Remseck in Auftrag gegebenes Fachgutachten. Dieses habe gezeigt, dass „mit der Herstellung des Strands massiv in einen besonders wertvollen Lebensraum für viele besonders und streng geschützte Arten und einen ökologisch sehr wertvollen Gewässerabschnitt eingegriffen würde“. Der Kreis stelle sich in dieser Angelegenheit nicht quer, sagt Kornmann. Aber man halte das Gutachten für plausibel.

In dem Gebiet leben Haselmäuse und Nachtkerzenschwärmer

Plausibel ist die Studie vermutlich, sie wird aber in Remseck völlig anders interpretiert als in Ludwigsburg. Laut dem Gutachten leben unweit der Remsmündung, wo der 190 Meter lange Strand angelegt werden soll, Haselmäuse, Feuerfalter, Nachtkerzenschwärmer, Grünspechte und Neuntöter. In den Bäumen wird der Juchtenkäfer vermutet. Die rechte Seite des Neckars diene als Flugstraße für Fledermäuse, und im Fluss selbst gebe es dann noch hochwertige aquatische Organismen.

Allerdings kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass es „keine Tabuflächen“ für den Strand gebe. Konflikte mit dem Artenschutz müssten zwar gegebenenfalls untersucht werden, seien aber mit entsprechenden Kompensationsmaßnahmen lösbar. Vor diesem Hintergrund sei die strikt ablehnende Haltung des Landratsamts völlig unverständlich, kritisiert der Remsecker Bürgermeister Karl-Heinz Balzer. „Wir sind ja bereit, die Pläne zu optimieren und noch exakter an die Belange des Naturschutzes anzupassen.“

Der Strand sollte die Stadt touristisch aufwerten

Ein Scheitern würde Remseck vor ein gewaltiges Problem stellen. Der Neckarstrand mitsamt Beachvolleyballfeld, Sitzmauer, neuen Wegen und Zufahrten sollte die Stadt nicht nur touristisch aufwerten. Letztlich gehe es darum, den Fluss für die Bevölkerung wieder erlebbar zu machen, sagte der Oberbürgermeister Karl-Heinz Schlumberger Ende 2011, als der Gemeinderat das Vorhaben auf den Weg brachte. Nicht nur das: der Strand gilt als elementarer Bestandteil der kleinen Landesgartenschau 2019, an der sich Remseck beteiligt. Wird er nicht gebaut, geht vermutlich die Förderung der EU den Bach runter.

Am 20. September treffen sich Fachleute der Naturschutzbehörde, des Regierungspräsidiums und der Stadt zu einem Vor-Ort-Termin. Dabei solle geklärt werden, „in welcher Form und an welcher Stelle das Projekt noch verwirklicht werden könnte“, erklärt das Landratsamt. Remseck ist überzeugt, dass kaum ein anderer Platz besser geeignet wäre, denn gebaut und gebaggert wird dort sowieso. Das Wasser- und Schifffahrtsamt Stuttgart (WSA) muss das marode Neckarufer erneuern, und hat bereits massenweise Sand aus dem Fluss geschaufelt – ein Teil davon sollte für den Strand verwendet werden.

„Die Wasserstraße muss dringend gesichert werden“, sagt Balzer. Auch zu diesem Zweck werde in die Landschaft eingegriffen, und auch dies werde Auswirkungen auf die Tiere oder aquatischen Organismen haben. „Warum man uns dann den Strand verbieten will, verstehe ich einfach nicht.“ Aufgeben wird die Stadt nicht. Er habe die Hoffnung, dass noch eine gute Lösung mit den Naturschützern gefunden werde, sagt Balzer. „Wir werden hart verhandeln.“