Fischwerfen? Eine etwas merkwürdige Schweizer Tradition löst Ärger aus. Der alte Brauch der Schifferleute, während ihres Umzugs tote Fische ins Publikum zu schleudern, hat die Tierschützer aufgebracht. Sie wollen das aus ihrer Sicht unwürdige Treiben beenden.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Zürich - Die Welt ist voll von wunderlichen Bräuchen. Einer davon ist ohne Zweifel das Fischwerfen während des Sechseläutens in Zürich. Einer der Höhepunkte dieses Frühlingsfestes ist ein karnevalsähnlicher Umzug, an dem die Zünfte der Stadt ausgelassen durch die Straßen Zürichs ziehen. Legendär sind die Schifferleute, die auf ihrem Weg eimerweise tote Fische ins Publikum schleudern. Besonders beliebte Ziele sind hoch gelegene Fenster und Balkone entlang der Umzugsroute. Jeder Treffer wird von den Schaulustigen frenetisch bejubelt.

 

Doch diese Tradition soll nun ein Ende haben. Das fordert zumindest der Zürcher Tierschutzbund. Es sei es ein Affront gegenüber dem Leben, mit toten Tieren um sich zu werfen, heißt es in einem offenen Brief, der nun den Schifferleuten in diesen Tagen auf den Schreibtisch flatterte. Es sei nicht akzeptabel, dass mit Lebewesen, auch wenn sie tot seien, derart unwürdig umgegangen werde. Das sei respektlos, schreibt York Ditfurth, Präsident des Tierschutzbundes. Er fordert, „für einen ethisch einwandfreien Ersatz“ zu sorgen. Die Zunft will aber nicht von ihrem Brauch lassen. Für die so genannten Stubengesellen, den Nachwuchs der Schifferleute, ist das Fischewerfen ein wichtiges Ritual. Es handelt sich um eine bald 100 Jahre alte Tradition, die an die Abgabe von Lebensmitteln erinnern soll. In der heutigen Zeit werden Schwalen und Weißfische geworfen, die kaum mehr gegessen und deshalb gewöhnlich zu Fischmehl verarbeitet werden. Zunftmeister Peter Neuenschwander versteht die Aufregung nicht ganz, versicherte allerdings gegenüber dem „Tagesanzeiger“, dass man die Kritik Ernst nehme. Ergänzte dann allerdings: „Den Brauch abschaffen werden wir aber nicht.“

Ditfurth erklärt, dass die Tierschützer sehr lange Recherchen zur juristischen Grundlage des „Kadaverwerfens“ durchgeführt hätten. Er rechnet nicht mit einer schnellen Einigung, da die Rechtslage für das ungewöhnliche Tun äußerst kompliziert sei. Bei der Stadt Zürich gibt man sich gelassen. Das Fischewerfen sei bisher noch nie ein Thema gewesen, sagt Reto Casanova, Sprecher des städtischen Polizeidepartementes. Die Causa liege nun beim Rechtsdienst, der werde das abklären.