Niedrige Löhne besser bewerten – wer soll das bezahlen?
Gründinger: Es geht darum, das Armutsrisiko im Alter zu bekämpfen. Es wäre rechtens, wenn dafür die Beiträge steigen würden. Da wären übrigens auch die Rentner mit im Boot. Wenn die Beiträge steigen, sinken die Reallöhne. Wenn die Reallöhne sinken, steigen die Renten weniger stark.
Herr Heinritz, was schlagen Sie vor, um Altersarmut zu bekämpfen?
Heinritz: Ich muss noch einmal auf die versicherungsfremdem Leistungen kommen. 2014 hat Finanzminister Wolfgang Schäuble 14 Milliarden Euro mehr aus der Rentenkasse genommen für versicherungsfremde Leistungen als reingezahlt. Unverschämt! Damit könnte man sofort in die Bekämpfung des Armutsrisikos im Alter einsteigen.
Würden Sie auf einen Teil der nächsten Rentenerhöhung verzichten, wenn das Geld in die Bekämpfung des Armutsrisikos fließen würde?
Heinritz: Da bin ich strikt dagegen – solange der Finanzminister Beitragsmittel zweckentfremdet. Und solange sich Teile der Gesellschaft wie Beamte, Selbstständige und Politiker nicht an der Finanzierung der Soziallasten beteiligen. Die machen sich nämlich einen schlanken Fuß. Erst brauchen wir Gerechtigkeit.
Die Rente wird eines der großen Wahlkampfthemen werden. Was erwarten Sie?
Gründinger: Die große Streitfrage wird sein, ob das Rentenniveau stabilisiert oder wieder nach oben gehen soll. Davon kann ich nur abraten. Bitte kein höheres Rentenniveau für alle, sondern gezielte Hilfen nur für die Menschen, die es wirklich brauchen. Heinritz: Ich gehe davon aus, dass Arbeitsministerin Andrea Nahles an vielen kleinen Schrauben drehen und auch Geschenke verteilen wird. Sie wird wieder nicht auf die vielen schlauen Menschen im Land hören, die sagen, wie es gehen könnte. Der Vorschlag einer Erwerbstätigenversicherung liegt seit langer Zeit auf dem Tisch. In sie müssten alle einzahlen, eben auch Beamte, Selbstständige und Politiker.
Brauchen wir einen neuen Generationenvertrag?
Gründinger: Der Generationenvertrag muss nicht gekündigt, aber erneuert werden. Wir brauchen mehr Solidarität und Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Jeder muss einen Beitrag leisten, Junge wie Alte. Heinritz: Ungerechtigkeiten müssen beseitigt werden. Hungerlöhne können keine ordentlichen Renten ergeben. Wir brauchen keinen neuen Generationenvertrag, aber der Staat soll sich tunlichst raushalten. Vom Kaiserreich bis 1957 hat alles gut funktioniert. Damals fing die Selbstbedienung aus der Rentenkasse an.