Sie tragen Uniform und Waffe, haben aber eine viel kürzere Ausbildung: Freiwillige Polizisten können Hauptamtliche entlasten. Aber wie weit dürfen ihre Kompetenzen gehen?

Mannheim - Hilfspolizisten könnten in Baden-Württemberg bald wieder eine größere Rolle spielen. Grün-Schwarz will den Freiwilligen Polizeidienst auf neuer Grundlage weiterführen - Grün-Rot hatte geplant, ihn auslaufen zu lassen. Die Gewerkschaften sind jedoch uneins über die künftige Rolle der uniformierten Ehrenamtlichen.

 

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Rüdiger Seidenspinner, sieht die Pläne der neuen Landesregierung kritisch. „Die heutige Situation ist nicht dazu geeignet, Leute einzusetzen, die nur eine Kurzausbildung haben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Der Polizeidienst ist geprägt von Situationen, deren Ausgang nicht absehbar ist.“

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hingegen begrüßt die Pläne. „Wir können es uns schlichtweg nicht leisten, den Freiwilligen Polizeidienst aufzulösen“, sagte DPolG-Landeschef Ralf Kusterer. „Wir brauchen die Unterstützung ehrenamtlicher Kräfte, weil die Personalknappheit bei der Polizei so groß ist.“

Die Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, für den Freiwilligen Polizeidienst „eine neue Grundlage“ zu schaffen. Die Ehrenamtlichen sollen demnach in der Prävention und im Jugendschutz eingesetzt werden und im öffentlichen Raum Präsenz zeigen. Details sind noch nicht bekannt. Innenminister Thomas Strobl (CDU) erklärte, der Polizeifreiwilligendienst passe zu Baden-Württemberg mit der hohen Bereitschaft der Bevölkerung für Ehrenämter. Er sorge für mehr Sicherheit und entlaste die hauptamtlichen Polizisten.

Unterschiedliche Auffassungen über Einsatzgebiete

Die Gewerkschaften haben auch über die Einsatzgebiete von Hilfspolizisten unterschiedliche Auffassungen. Nach Kusterers Meinung sollte die neue Landesregierung die Freiwilligen gezielter einsetzen. Sie seien oft hoch qualifizierte Bürger, die ihre Fähigkeiten aus ihrer Hauptbeschäftigung in den Polizeidienst einbringen könnten, sagte er. Mit hauptamtlichen Polizisten gemeinsam könnten sie durchaus auch wieder im Streifenwagen mitfahren - wie das bis vor einigen Jahren der Fall gewesen sei. „Wenn jemand zum Beispiel mehrere Sprachen spricht: Warum sollten wir das in unserem Polizeialltag nicht nutzen?“

Seidenspinner hingegen sieht den Platz der Freiwilligen im Hintergrund. Sie könnten zum Beispiel Kurierfahrten machen, Schwertransporte begleiten oder die Gewahrsamzelle bewachen. Auf Streife könnten die Hilfspolizisten seiner Ansicht nach zu leicht in eine gefährliche Lage geraten. „Harmlos aussehende Situationen können sehr schnell kippen. Auch ein Ladendieb kann sich plötzlich austoben.“

Streitpunkt Bewaffnung

Aus Seidenspinners Sicht gaukelt die Politik den Bürgern mit den Freiwilligen vor, es gebe mehr Polizisten als dies eigentlich der Fall sei. „Sie erkennen den Unterschied ja nicht.“ Immerhin trügen Ehrenamtliche und Hauptamtliche fast dieselbe Kleidung. Er spricht sich deshalb für unterschiedliche Uniformen aus. Außerdem ist Seidenspinner dagegen, dass Hilfspolizisten Waffen tragen.

Kusterer von der DPolG sieht das anders: Die Freiwilligen müssten sich wehren können, wenn sie angegriffen würden - als Vertreter der Staatsgewalt könne ihnen das schließlich ebenso passieren wie Hauptamtlichen. Sorgen müsse sich niemand machen, dass die Hilfspolizisten Waffen trügen, da es regelmäßige Trainings gebe. „Es ist nicht irgendjemand, der einfach eine Pistole trägt, sondern jemand, der dafür auch ausgebildet ist.“

Seidenspinner stört sich auch an der geringen Bezahlung der Ehrenamtlichen. „Es ist eine Billiglösung. Sieben Euro die Stunde - das macht deutlich, was dem Staat die innere Sicherheit wert ist, nämlich nichts“, kritisierte er. „Wenn man schon hingeht und sagt, ich brauche Leute, die die Polizei unterstützen, dann soll man sie wenigstens anständig bezahlen und nicht unter dem Mindestlohn von 8,50 Euro. Das ist ein Armutszeugnis für so ein reiches Bundesland.“