Am Albtrauf bei Sonnenbühl und Albstadt könnten Pumpspeicherkraftwerke entstehen. Die Bürger fürchten einen hohen Landschaftsverbrauch.

Sonnebühl/Glems - Pläne über neue Pumpspeicherkraftwerke können wir nicht veröffentlichen. Die werden uns um die Ohren gehauen." Sätze wie diese machten im Regionalverband Neckar-Alb vor wenigen Jahren die Runde. Heute ist alles ganz anders. "Von den positiven Reaktionen auf mögliche Standorte sind auch wir überrascht worden", erklärt der Stellvertretende Verbandsdirektor Peter Seiffert.

 

Wenn alles gut läuft, könnte bereits in drei bis vier Jahren mit dem Bau eines neuen Pumpspeicherkraftwerks im Bereich der Landkreise Tübingen, Reutlingen und Zollernalb begonnen werden. Zwei von vier bis fünf möglichen Standorten sind bekannt. Da geht es zum einen um einen zweiten Pumpspeicher der bestehende Anlage in Metzingen-Glems. Vor allem aber um ein neues Kraftwerk an der Albtraufkante zwischen Sonnenbühl und Pfullingen. Die Bürgermeister und zahlreiche Gemeinderäte haben bereits positiv reagiert.

Für Peter Seiffert ist klar: "Die Katastrophe von Fukushima hat viel zu Gunsten der regenerativen Energien bewirkt." Wenn die Energie nicht durch gleichmäßig arbeitende Kraftwerke herkömmlicher Art, sondern durch Windkraft- oder Solaranlagen produziert wird, ist die Möglichkeit zur Speicherung besonders wichtig. Genau die bietet ein Pumpspeicherkraftwerk.

Die einzige ausgereifte Technologie

Wenn ein Überangebot an Strom zur Verfügung steht, kann das Wasser in das Oberbecken gepumpt werden. Bei einem zusätzlichen Energiebedarf wird Strom produziert, wenn das Wasser durch Turbinen ins untere Becken fließt. Pumpspeicherkraftwerke zeichnen sich durch eine hohe Wirtschaftlichkeit aus. Nur 20 Prozent der Energie wird beim Pumpen verbraucht.

Fragen zur Entwicklung der Energiespeicherung hat der heutige Umweltminister Franz Untersteller im Frühjahr 2010 als Abgeordneter der Grünen an das Wirtschaftsministerium gestellt. In den Antworten hieß es: "Pumpspeicherkraftwerke stellen derzeit die einzige ausgereifte Technologie und die auf absehbare Zeit wirtschaftlichste Option zur Speicherung von Energie im großtechnischen Maßstab dar." Bundesweit liefern rund 30 Pumpspeichwerke Strom. Im Land sind es acht mit den Standorten: Einsiedel, Glems, Häusern, Säckingen, Schwarzenbachwerk, Waldshut, Wehr und Witznau.

Konkret geplant werden in Baden-Württemberg zwei neue Pumpspeicherkraftwerke in Blautal und Atdorf. Das Raumordnungsverfahren für die von den Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm geplante Anlage in Blautal wurde im Mai 2009 abgeschlossen. Derzeit wird auf Informationsveranstaltungen versucht, die Bürger für das Projekt zu gewinnen, die unter anderem einen hohen Landschaftsverbrauch fürchten.

In Pfullingen fehlt noch Investor

Für die Großanlage Atdorf wurde das Raumordnungsverfahren 2010 eingeleitet. Vor allem dieses Kraftwerk mit dem Unterbecken in Bad Säckingen und dem Oberbecken im Hotzenwald ist wegen der großen Eingriffe in die Natur umstritten. Die Grünen vor Ort lehnen es deswegen ab. Minister Untersteller stellte aber vor Kurzem klar, dass es nicht mehr darum gehe, ob gebaut werde. Die Frage sei nur, in welcher Form, die Belange von Anwohnern und Naturschutz sollen bestmöglich berücksichtigt werden.

Der Regionalverband Neckar-Alb machte sich 2008 auf die Suche nach möglichen Standorten für ein Pumpspeicherkraftwerk. 40 Standorte wurden geprüft und viele verworfen. Bei einer Anhörung Mitte Februar 2012 sollen vier oder fünf für den Entwurf des Regionalplans vorgeschlagen werden. Dieser Entwurf wird dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur zur Genehmigung vorgelegt, die frühestens für Ende 2012 erwartet wird.

Laut Regionalverbandsvertreter Seiffert hat die Aufnahme eines Standortes in denRegionalplan den großen Vorteil, dass ein aufwendiges Raumordnungsverfahren überflüssig würde. Einen Rechtsanspruch bietet der Regionalplan nicht. Alle Argumente müssen in einem Planfeststellungsverfahren ausgetauscht werden, für das meist ein bis zwei Jahre vergehen. Was in Sonnenbühl und Pfullingen noch fehlt, ist der Investor. Da kann sich Seiffert durchaus einen Energieversorger aus der Region vorstellen.

Auf der Suche nach Standorten

Standorte Der Regionalverband Neckar-Alb in Mössingen hat 40 Standorte untersucht. Kriterien sind Höhenunterschied, geologische Beschaffenheit, die Nähe zu einem Fließgewässer, zu einer Hochspannungsleitung oder zu Wohnhäusern. Auch der Natur- und Landschaftsschutz wurde berücksichtigt.

Sonnenbühl Ein möglicher Standort für das Oberbecken ist der Gielsberg bei Sonnenbühl (Kreis Reutlingen). Die Albtraufhöhe beträgt hier 320 Meter. Das Wasser würde durch rund fünf Meter dicke Rohre zu einer Turbine im Tal geführt, die einen Stromgenerator antreibt. Im Unterbecken auf Pfullinger Gemarkung würde es aufgefangen.

Glems Das bestehende Kraftwerk wurde 1962 bis 1964 von den Technischen Werken der Stadt Stuttgart errichtet und gehört heute der EnBW. Als Standort für ein weiteres Kraftwerk ist für das Oberbecken das Rossfeld im Gespräch, beim Unterbecken der Bereich des Forsthofs. Der Höhenunterschied beträgt hier 400 Meter.