Das Kartellamt hat eine Beschwerde der Stromrebellen aus Schönau zurückgewiesen. Die Stuttgarter Stadtwerke und die EnBW können nun beim Betrieb von Strom- und Gasnetz in Stuttgart kooperieren.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Wie ein Damoklesschwert hat die Beschwerde der Elektrizitätswerke Schönau (EWS) über dem Rathaus geschwebt: Obwohl der Gemeinderat schon im März entschieden hatte, dass die Stadtwerke Stuttgart und die Energie Baden-Württemberg (EnBW) künftig gemeinsam das Strom- und Gasnetz in Stuttgart betreiben sollen, konnte die Gründung der Kooperationsgesellschaft nicht vorangetrieben werden – im für die Stadt schlimmsten Fall hätte das Bundeskartellamt sogar ein neues Konzessionsverfahren anordnen können. Jahrelange Arbeit wäre vergebens gewesen.

 

Am Montag nun hat die Bonner Behörde entschieden, das Missbrauchsverfahren, das die EWS Schönau angeregt hatte, einzustellen. Allerdings, das wurde erst gestern bekannt, hatte das Bundeskartellamt das Stuttgarter Verfahren auch aus eigenem Antrieb überprüft: Die Ermittlungen seien auch „von Amts wegen“ eingeleitet worden, sagte Sprecher Kay Weidner.

Prüfung hat Unregelmäßigkeiten ergeben

Diese Prüfung hat durchaus Unregelmäßigkeiten im Konzessionsverfahren ergeben: „Die Auswertung der Angebote und die Begründung der Auswahlentscheidung hat Wertungsfehler enthalten“, so Weidner – anscheinend hat die Stadt also in dem komplizierten Bewertungssystem manche Punktzahlen anders vergeben als es das Kartellamt für richtig gehalten hätte. Diese Fehler hätten sich aber, sagte Weidner, auf die Angebote unterlegener Bewerber bezogen: „Für das Ergebnis der Auswahlentscheidung sind diese Wertungsfehler nicht relevant.“ Die Schönauer Beschwerde hatte sich darauf bezogen, dass die EWS die Stadtwerke Stuttgart alleine auf dem ersten Platz gesehen hatten; zum Zug kam aber das Kooperationsmodell von EnBW und Stadtwerken Stuttgart.

OB Fritz Kuhn (Grüne) äußerte sich gestern in einer Stellungnahme erleichtert über die Nachricht. „Es war richtig, wie schon unter meinem Vorgänger Wolfgang Schuster begonnen, den engen Kontakt und Austausch mit dem Bundeskartellamt rechtzeitig zu führen“, so der OB. Insbesondere sei er froh, sagte Fritz Kuhn, dass das Kartellamt in seinem Schreiben an die Stadt den Verdacht einer Vorfestlegung im Vergabeverfahren zurückgewiesen habe; dies habe die EWS Schönau nicht durch Tatsachen belegen können. Nun könne die Kooperation endlich starten.

Die neue Gesellschaft soll rückwirkend gegründet werden

Ob der Vertrag allerdings noch rechtzeitig unterschrieben werden kann, ist äußerst fraglich. Geplant war, die Gesellschaft rückwirkend zum 1. Januar 2014 zu gründen; dazu müssten aber alle Details bis Ende August klar sein. Erst jetzt kann aber mit dem Austausch sensibler Daten begonnen werden. Man werde alles dafür tun, dass die neue Gesellschaft so schnell wie möglich starten könne, sagte EnBW-Vorstand Dirk Mausbeck am Montag: „Unser Ziel ist unverändert: Stuttgart soll zu einem bundesweiten Vorbild bei der Umsetzung der Energiewende im Großstadtkontext werden.“

Michael Sladek von der EWS Schönau war gestern beim Anruf der StZ noch nicht über die Entscheidung des Bundeskartellamtes informiert gewesen. Er betonte noch einmal, dass es mit der Beschwerde nie darum gegangen sei, der Stadt Stuttgart zu schaden. Vielmehr habe man die Stadtwerke Stuttgart – die EWS ist beim Strom- und Gasvertrieb Partner der Stadtwerke – stärken wollen: „Die Stadtwerke kriegen nicht den Start, den sie verdient hätten“, so Sladek gestern. Der kürzlich aufgeflammte Streit zwischen EnBW und Stadtwerken darüber, ob das Hochspannungsnetz zur neuen Gesellschaft gehöre oder nicht, belege ja bereits, dass die Stadtwerke sich nicht frei entfalten könnten. Er sei nun ein wenig traurig, dass andere Großstädte wie Hamburg oder Berlin bei der Energiewende an Stuttgart vorbeizögen. Allerdinge gehöre er nicht zu den Menschen, so Sladek, die mit dem Kopf durch die Wand wollten. Er müsse sich erst mit dem Rechtsanwalt besprechen, aber eine richtige Klage – das wäre der nächste mögliche Schritt – stehe für ihn nicht an erster Stelle.

Die Stadt will übrigens nun als ihren nächsten Schritt dem Gemeinderat eine „Bewertung der Wirtschaftlichkeit“ vorlegen. Die war allerdings bereits im März mit fünf Prozent Rendite berechnet worden. Warum sich jetzt nochmals der Gemeinderat damit befassen soll, blieb gestern offen.