Eigentlich sollte der Beschluss über das Stromnetz am Mittwoch in einer nichtöffentlicher Sitzung erfolgen. Fritz Kuhn (Grüne) hat jetzt auf den Druck von Bürgerinitiativen reagiert: Das Thema wird erst in zwei Wochen verhandelt – und zwar öffentlich.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Erst in zwei Wochen wird der Stuttgarter Gemeinderat, und zwar öffentlich, über den sogenannten Zweiten Verfahrensbrief entscheiden, mit dem die sechs Bewerber um das Strom- und Gasnetz in Stuttgart aktualisierte Vertragsentwürfe erhalten. Eigentlich war geplant gewesen, schon am Mittwoch im Verwaltungsausschuss in nichtöffentlicher Sitzung einen Beschluss zu fassen. Bürger hatten aber darauf gedrungen, dass eine Entscheidung von solcher Tragweite nicht im Geheimen getroffen werden könne.

 

OB Fritz Kuhn (Grüne) hat auf den Druck reagiert: Er verschob mit Zustimmung aller Fraktionen die Entscheidung. Am Mittwoch, 17. Juli, von 9.30 Uhr an im Verwaltungsausschuss und am Donnerstag, 18. Juli, von 16.30 Uhr an im Gemeinderat können die Bürger nun zumindest die Diskussion der Stadträte verfolgen.

Noch sind drei Unternehmensmodelle möglich

Dem Vernehmen nach wollte Fritz Kuhn damit auch den vielen Gerüchten entgegentreten, die in den vergangenen Tagen ins Kraut geschossen waren – zum Beispiel jenes, dass die Energie Baden-Württemberg (EnBW) gute Chancen habe, bei der Eigentümer- und bei der Betreibergesellschaft dabei zu sein, vielleicht sogar teilweise als Hauptanteilseigner. Drei Unternehmensmodelle sind tatsächlich noch möglich. Erstens könnte einer der sechs Bewerber 100 Prozent in beiden Gesellschaften erhalten. Da die Stadtwerke Stuttgart erst vor kurzem gegründet worden sind, ist aber fraglich, ob sie dazu bereits organisatorisch in der Lage wären. Zweitens gibt es ein Kooperationsmodell, bei dem die Stadtwerke Stuttgart angeblich in beiden Gesellschaften die Mehrheit hätten.

Das dritte Modell schließlich sieht vor, dass die Stadtwerke nur beim Eigentum mit 50,1 Prozent die Führung übernähmen, beim Betrieb aber ein Partner das Sagen hätte, anfangs sogar mit 74,9 Prozent. Dieses letzte Modell hatte bei den Bürgerinitiativen große Empörung ausgelöst, da sie der Meinung sind, dass eine lokale Energiewende nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Stadtwerke die Netze selbst betreiben – von Anfang an.In der Debatte in zwei Wochen werden die Stadträte ihre Worte genau abwägen müssen. Denn sie sind in einer schwierigen Position. Einerseits haben sie als Politiker eine klare Vorstellung, wie die Energiewende in Stuttgart aussehen soll. Andererseits verpflichtet das Bundeskartellamt die Kommunen, ein Verfahren durchzuführen, bei dem kein Bewerber benachteiligt wird.

Die Stadträte sind in einer schwierigen Position

Um diesem Konflikt aufzulösen, hat Stuttgart vor einem Jahr Kriterien festgelegt, die ein Bewerber vorrangig erfüllen soll. Dazu gehören: sichere Netze, günstiger Preis, Verbraucherfreundlichkeit, Umweltverträglichkeit und wohl auch die Möglichkeit der Kommune, Einfluss zu nehmen. Die Kriterien wurden zudem gewichtet, indem man ihnen unterschiedliche Punktezahlen zugewiesen hat. Im Herbst werden die eingehenden Angebote nach diesen Kriterien bewertet – derjenige Bewerber, der die meisten Punkte erhält, muss den Zuschlag erhalten. Der Gemeinderat kann dabei nicht mehr eingreifen.

OB Fritz Kuhn ließ schon in den letzten Tagen keine Zweifel daran, dass die eigentliche Verhandlungsphase im Herbst weiter nichtöffentlich erfolgen müsse, um die Angebote und die Bewerber zu schützen.