Der Bundeswirtschaftsminister plant, Subventionen für konventionelle Kraftwerke auch künftig zu vermeiden. Um Anreize für die Stromproduktion zu schaffen, sollen an den Strommärkten Preisspitzen hingenommen werden.

Berlin - Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erteilt Forderungen nach dem Aufbau eines Reserveparks im Strommarkt über einen sogenannten Kapazitätsmarkt eine Absage. In dem Entwurf für ein Strommarktgesetz, der in der Regierung zurzeit abschließend beraten wird, stellt das Wirtschaftsministerium klar, dass es keine staatlichen Prämien für Kraftwerke am Netz geben soll, die im Fall von Versorgungsengpässen zusätzliche Kapazitäten zur Verfügung stellen. Dies hatte die Industrie gefordert, um jederzeit die Versorgungssicherheit der Stromabnehmer zu garantieren. Gabriel hält jedoch den Kapazitätsmarkt für zu teuer. „Kapazitätsmärkte führen sehr häufig zu Überkapazitäten“, heißt es in dem Entwurf, den das Ministerium offiziell in den nächsten Tagen veröffentlichen will. Gabriel setzt stattdessen auf den Wettbewerb auf dem Strommarkt, der dazu führen soll, dass jederzeit genügend Strom angeboten wird. Die Preissignale sollten unverzerrt wirken.

 

Um Anreize für die Stromproduktion zu schaffen, sollen an den Strommärkten Preisspitzen hingenommen werden. Der Gesetzgeber will diese Ausschläge nicht durch regulatorische Eingriffe begrenzen. Das bedeutet, dass in Zeiten, in denen zum Beispiel keine Wind- , Sonnen- und Atomenergie zur Verfügung steht, auch extreme Strompreise möglich sind. Das hat Folgen für Industriekunden und Verbraucher.

Die Industrie, die ihren Elektrizitätsbedarf an der Strombörse deckt, muss künftig stärkere Preisausschläge einkalkulieren. Auch auf die privaten Stromkunden könnten Mehrbelastungen zukommen. Die sind zu erwarten, wenn die Stromversorger wegen der häufigeren Preisausschläge ihre Tarife erhöhen müssen.

Aufbau einer Kapazitätsreserve geplant

Gabriel hält diesen Weg aber für wirtschaftlicher. Es sei zu teuer, wenn Kraftwerke dafür Prämien erhielten, dass sie bei Engpässen ihre Produktion erhöhen. Das Wirtschaftsministerium ist der Ansicht, die Versorgungssicherheit könne auch auf anderem Weg gewährleistet werden.

Dazu ist der Aufbau einer sogenannten Kapazitätsreserve geplant: Es handelt sich dabei um Kraftwerke, die im Normalbetrieb keinen Strom produzieren und aus Sicht des Ministeriums Wettbewerb und Preisbildung nicht verzerren. Eine ähnliche Regelung gibt es bereits unter dem Namen Kaltreserve zur Sicherung der Netzstabilität. In den kommenden vier Jahren soll diese Reserve vor allem aus Braunkohlekraftwerken bestehen, die heruntergefahren werden. Dafür sollen sie eine Vergütung erhalten, die im Gesetzentwurf aber nicht näher beziffert wird. Ursprünglich wollte Gabriel eine Kohleabgabe einführen, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Dies stieß aber auf Widerstand von Ländern, Gewerkschaften und Energiekonzernen. Im Juli einigte sich die Koalition darauf, dass die Klimaabgabe für Braunkohlekraftwerke nicht kommt. Einige Braunkohlemeiler sollen aber vom Netz gehen und in Notfällen hochgefahren werden. Dafür gibt es Prämien. In dem Strommarktgesetz ist vorgesehen, dass die Kapazitätsreserve nach 2019 für andere Kraftwerke offenstehen soll.

Die Gesetzespläne stoßen auf Kritik der Grünen. „Die Gesetzespläne bergen die Gefahr, das in Deutschland vorhandene hohe Niveau an Versorgungssicherheit langfristig nicht ausreichend zu gewährleisten“, sagte der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). Er erinnerte daran, dass vergleichbare Pläne im Ausland gescheitert seien. Auch Kalifornien habe vor zehn Jahren darauf vertraut, dass hohe Preise in Zeiten der Stromknappheit Anreize für Investitionen in Kraftwerkskapazitäten schafften. Danach sei es aber zu Stromausfällen gekommen.

Geregelt wird in dem Gesetz auch, dass Ladesäulen für Elektrofahrzeuge als Letztverbraucher einzustufen sind. Mit dieser energierechtlichen Klarstellung werden Stromtankstellen eingeordnet.