Für die Stromversorgung der Zukunft ist es unerlässlich, dass zum einen das Netz ausgebaut und flexibel gemanagt wird und zum anderen Energiespeicher die Zeiten unzureichender Stromproduktion überbrücken. Eine Tagung in Stuttgart diskutiert neue Handlungsspielräume für technische Lösungen.

Stuttgart - Vier Ziele verfolgt die Energiewende: Senkung der Treibhausgas-Emissionen und Schonung von Ressourcen, gleichzeitig soll die Stromversorgung wirtschaftlich und zuverlässig bleiben. „Je nachdem, wie man die Reihenfolge dieser Ziele orientiert, kommt man zu unterschiedlichen Energiewelten“, erklärte Ulrich Wagner auf dem vierten Stuttgarter Energiespeichersymposium des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Für die Bevölkerung stehe allerdings die Zuverlässigkeit ganz oben, betonte das für Energie und Verkehr zuständige Vorstandsmitglied des DLR. Dann komme die Wirtschaflichkeit – und anschließend lange nichts. Erst danach seien Umwelt- und Klimaschutz relevant.

 

Nun verlangt der Ausbau der Ökostromproduktion wegen ihrer schwankenden Erträge der deutschen wie euch der europäischen Stromversorgung immer mehr Flexibilität ab. Daher ist es unerlässlich, dass zum einen das Netz ausgebaut und flexibel gemanagt wird und zum anderen Energiespeicher die Zeiten unzureichender Stromproduktion überbrücken. Denn: „Der Verbraucher wird sich nicht an fluktuierende Erzeugung anpassen“, sagt Wagner. Die Entscheidungen, wie sich die Flexibilisierung bewerkstelligen lässt und insgesamt die Ziele der Energiewende umgesetzt werden können, treffe die Politik. Aber die Forschung könne dabei neue Handlungsspielräume für technische Lösungen entwickeln. Genau darum ging es bei der Tagung.

Derzeit wird unter den Experten heftig diskutiert, ob man in Zukunft mit einem angepassten Lastmanagement – also einer ausgeklügelten Regelung von Nachfrage und Verbrauch – die Stromversorgung sichern könne und dabei auf zusätzliche große Speicher verzichten könne. Simulationen zeigen, dass ein solches Szenario bis zum Jahr 2050 durchaus realistisch ist – allerdings nur, wenn das Stromnetz zügig und vollständig ausgebaut wird.

Anteil an Ökostrom nimmt zu

Doch bekanntlich hapert es genau daran gewaltig. Gleichzeitig nimmt der Anteil an Ökostrom stetig zu. So berichtete Jost Broichmann vom mecklenburgischen Energieversorger Wemag, dass man sämtliche Kunden mit regenerativem Strom versorge und darüber hinaus inzwischen sogar noch Ökostrom an andere Versorger verkaufe. Immer wieder müssten nun Windräder abgeschaltet werden, weil zu viel Ökostrom im Netz sei. „Stromüberschuss ist bei uns an der Tagesordnung“, betonte Broichmann – und fügte an: „Netzausbau, Abschaltungen, Speicherung, intelligentes Lastenmanagement – wir müssen alle Register ziehen, um dieses Problem zu lösen.“

Die zunehmende – und noch dazu schwankende – Einspeisung von Wind- und Sonnenstrom machen es auch schwieriger, das Netz zu regeln und zu stabilisieren. Konventionelle große Kraftwerke und Pumpspeicherwerke, die traditionell diese Aufgabe übernehmen, haben es wirtschaftlich immer schwerer, weil ihnen die Ökostromerzeuger den Rang ablaufen. Die großen Kraftwerke leiden unter mangelnder Auslastung, die zunehmend ihre Wirtschaftlichkeit insgesamt in Frage stellt. Und weil in der verbrauchsstarken Mittagszeit Fotovoltaikanlagen viel Strom liefern, ist den Pumpspeicherwerken ihr wichtigstes Geschäftsfeld abhanden gekommen – nämlich in dieser Zeit Speicherstrom teuer zu verkaufen. Daher werden, wie auf der Tagung mehrfach betont wurde, unter den derzeitigen Bedingungen in nächster Zeit weder konventionelle Großkraftwerke noch Pumpspeicher gebaut.

Neue wirtschaftlich interessante Einsatzmöglichkeiten für Batterien

Damit eröffnen sich für Batterien neue, auch wirtschaftlich interessante Einsatzmöglichkeiten. So hat die Wemag im vergangenen September in Schwerin ein neues Batteriekraftwerk in Betrieb genommen. Es umfasst 26 500 von der Firma Samsung gelieferte Lithium-Manganoxid-Akkus, wie sie auch in Elektroautos Dienst tun. Insgesamt summiert sich dies zu einer Leistung von fünf Megawatt. Samsung gibt 20 Jahre Garantie auf die Akkus, weil sie sehr schonend betrieben werden können.

Damit lässt sich zum einen überschüssiger Windstrom zwischenspeichern und so verhindern, dass Windmühlen abgeschaltete werden müssen. Zum anderen drängt die Wemag mit dem Batteriespeicher in den Markt für Leistungen zur Stabilisierung des Stromnetzes. Wie Jost Broichmann und sein Kollege Tobias Struck auf der Stuttgarter Tagung darlegten, kann der Speicher blitzschnell Schwankungen ausgleichen – viel schneller als die Generatoren in den traditionellen Kraftwerken.

Die rund sieben Millionen Euro, die die Anlage gekostet hat, sind nach Ansicht der Betreiber gut investiertes Geld. Schon heute liegen die Einkünfte durch die Stabilisierungs-Leistungen über den Planungen, weil das Batteriekraftwerk hier gut mit den großen Kraftwerken konkurrieren kann. Zwar hat bei diesem Projekt der Staat noch rund 1,7 Millionen Euro beigesteuert, aber bei den sinkenden Batteriepreisen könnten solche Speicherkraftwerke schon bald ohne Hilfe wirtschaftlich arbeiten – zumal sich laut Broichmann die Preise für Regelleistungen im Stromnetz nach oben bewegen und der Verkauf von gespeichertem Ökostrom weitere Einnahmen beschert.