Studenten der Uni Stuttgart haben untersucht, wie eine Wasserspinne ihre Luftblasen baut und dieses Prinzip für die Architektur umgesetzt. Der Forschungspavillon besteht aus 45 Kilometern Carbonfaser.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

S-Mitte - Pflanzen und Tiere haben Strategien und Eigenschaften entwickelt, die sich der Mensch nur allzu gerne abschaut. Ob Klettverschluss, wasserabweisende Materialien oder Saugnäpfe – die Natur hat für viele Probleme bereits eine Lösung gefunden. Nun liegt es am Menschen, diese Prinzipien abzuschauen, zu erforschen und zu kopieren.

 

Auch für den neuen Forschungspavillon auf dem Campus Stadtmitte haben sich Studenten des Instituts für Computerbasiertes Entwerfen (ICD) und des Instituts für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) ein Vorbild aus der Natur gesucht: die Wasserspinne. Wie der Name vermuten lässt, lebt dieser Achtbeiner nicht an Land, sondern unter Wasser. Da das Tier allerdings Luft zum Atmen braucht, baut es sich verschiedene „Glocken“ unter Wasser, in denen es die Luft sammelt. Die Hülle der Luftblase besteht aus verschieden dicken Fäden, die die Luft im Inneren halten. Diese Glocke diente den Studenten als Inspiration für ihren Forschungspavillon, der zum Lehrplan des zweijährigen Masterprogramms „Itech“ (Integrative Technologies and Architectural Design Research) gehört, eines internationalen Studiengangs der Uni Stuttgart. „Von Entwurf bis zur Ausführung sollen die Studenten alles selbstständig planen und umsetzen“, sagt Professor Achim Menges vom ICD.

Schlaflose Nächte und Misserfolge

Fast zwei Jahre vergingen vom Entwurf bis zur Enthüllung des neuen Pavillons. Der Forschungspavillon 2014-15 besteht aus Carbonfasern, die den Spinnfäden nachempfunden sind, und einer Hülle aus Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE), welches in der Architektur Verwendung findet, etwa als Bedachung von Schwimmbädern. Die Konstruktion wiegt rund 260 Kilogramm und besteht aus 45 Kilometern Carbonfaser. „In diesem Projekt steckt viel Arbeit, Untersuchung und auch Misserfolg“, sagt der Wissenschaftler Jan Knippers vom ITKE. Nicht nur für die Studenten sei die Arbeit eine beeindruckende Erfahrung gewesen, mit schlaflosen Nächten und enormer Mühe.

Aufgebaut wurde der Forschungspavillon an Ort und Stelle zwischen den Uni-Türmen K1 und K2 und dem Stadtgarten von einem Industrieroboter. Er verklebte die Carbonfasern an der Innenseite der Kuppel. Der Pavillon zeigt das Potenzial zur Übertragung biologischer Leichtbauprinzipen in die Architektur. Das Faserverbundmaterial bildet in ausgehärteter Form Verstärkungen, die an die jeweilige Last angepasst sind.