Eine Studie der Wirtschaftsförderer des Landes sieht gute Exportaussichten für Maschinenbaufirmen aus dem Südwesten. Doch sie wurde lange zurückgehalten – angeblich wegen der Landtagswahl.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Für den baden-württembergischen Maschinenbau gibt es in China weiterhin gute Marktchancen. Gerade angesichts der neuen Wirtschaftsstrategie Pekings, in den nächsten zehn Jahren von Massenware auf höherwertige Produkte umzustellen, besteht ein großes Exportpotenzial. Zu diesem Ergebnis kommt eine schon länger vorliegende, aber erst jetzt teilweise veröffentlichte Studie von Baden-Württemberg International (BWI), der Wirtschaftsfördergesellschaft des Landes.

 

Mit dem Regierungsprogramm „Made in China 2025“ steige die Nachfrage nach immer anspruchsvolleren Anlagen und Maschinen, heißt es darin. Dies eröffne Firmen aus Deutschland und dem Südwesten viele Möglichkeiten für Geschäfte in China. Besonders gute Aussichten haben der Studie zufolge zehn Fachzweige des Maschinenbaus, so etwa die Bereiche Mess- und Prüftechnik, Pumpen und Kompressoren oder Landtechnik. Die Erkenntnisse will BWI nun nutzen, um die heimischen Firmen in China noch besser zu unterstützen.

Der Umgang des Landes mit der Studie ist ungewöhnlich

So erfreulich die Befunde für die Unternehmen aus dem Land sind, so ungewöhnlich ist der Umgang von Baden-Württemberg International mit der Untersuchung. Obwohl sie intern bereits seit einem Dreivierteljahr vorliegt, wurde sie erst jetzt teilweise bekannt gemacht – und auch das erst nach Recherchen unserer Zeitung. Eine BWI-Sprecherin begründete dies mit der Landtagswahl und den darauf folgenden Koalitionsverhandlungen.

Nach den Richtlinien der Landesregierung gelte bei der Öffentlichkeitsarbeit sechs Monate vor Wahlen „das Gebot der äußersten Zurückhaltung“, teilte die Sprecherin mit. Als Landesgesellschaft, die teilweise von den Ministerien für Finanzen, Wirtschaft und Wissenschaft finanziert werde, habe man sich daher vor dem Wahltermin im März und auch während der Koalitionsverhandlungen „mit Publikationen zurückgehalten“. Wenige Tage nach einer StZ-Anfrage wurden „wesentliche Ergebnisse“ inzwischen auf der BWI-Internetseite (www.bw-i.de) offengelegt.

Die Regeln des Landes zielen vor allem auf solche Publikationen, die zu Wahlkampfzwecken eingesetzt werden könnten. Bei der rein sachlich gehaltenen Studie zu den Marktchancen des Maschinenbaus in China dürfte dieses Risiko gering gewesen sein. Im Umfeld von BWI hatte schon länger Verwunderung geherrscht, dass die etwa 100 000 Euro teure Untersuchung so lange zurückgehalten wurde. Die teils als übertrieben empfundene Vorsicht habe möglicherweise mit der ungeklärten Führungsfrage bei der Landesgesellschaft zu tun, hieß es.

Der Vertrag des einst auf Vorschlag der SPD bestellten BWI-Geschäftsführers Jürgen Oswald steht zur Verlängerung an. Nachdem sich Überlegungen zerschlagen haben, darüber schon vor der Wahl zu entscheiden, wird eine Klärung nun bis zur Sommerpause erwartet. Das bisher SPD-geführte Finanz- und Wirtschaftsministerium hatte sich mit Oswald – einem einstigen Ministerialbeamten – zufrieden gezeigt; wie die neue grün-schwarze Koalition seine Arbeit bewertet, ist offen. Aus der Landesgesellschaft selbst sind auch kritische Stimmen zu ihm zu hören.

Studie wurde bereits Anfang 2015 ausgeschrieben

Die China-Studie war bereits Anfang 2015 ausgeschrieben worden. Unter fünf einbezogenen Dienstleistern ging der Auftrag laut BWI im März an die Firmen Berners Consulting und Prognos AG. Im Sommer 2015 sei die Untersuchung abgeschlossen worden, vor und nach den Ferien habe man Ergebnisse intern vorgestellt. Zusätzlich zu den externen Kosten von knapp 60 000 Euro seien etwa 40 000 Euro interne Personalkosten angefallen.

Die Studie habe zum einen dazu gedient, eine China-Reise von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) im Oktober 2015 zu flankieren. Zum anderen könnten die Wirtschaftsförderer und ihr Büro in China die Mittelständler aus dem Land nun noch besser und gezielter unterstützen. So sei für diesen Herbst eine Delegationsreise zum Thema Landtechnik geplant. Aufgrund der Untersuchung habe man nun eine „sehr detaillierte Datenbasis“ zu Exportchancen für besonders gefragte Maschinenbauzweige und eine Liste mit 150 chinesischen Ansprechpartnern.

VDMA war frühzeitig in Untersuchung eingebunden

Laut der BWI-Sprecherin wurde der Landesverband der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) frühzeitig in die Untersuchung einbezogen. Bei der Abschlusspräsentation im September habe er sich für die Veröffentlichung der wichtigsten Ergebnisse ausgesprochen. Daraufhin seien im Herbst 2015 zwei Firmen mit der „Erstellung einer veröffentlichungsfähigen Version“ beauftragt worden. Die Zusatzkosten dafür: knapp 20 000 Euro. Gleichwohl dauerte es noch etliche Monate, bis die Befunde nun teilweise publik wurden.

Auf der BWI-Homepage findet sich freilich nur eine abgespeckte Version der ursprünglichen Online-Broschüre. So fehlen etwa das Vorwort des BWI-Chefs wie auch die „Handlungsempfehlungen“ für Firmen. China müsse „Chefsache“ sein, heißt es darin, vor allem am Anfang. Zudem wird über die Besonderheiten des Riesenreiches aufgeklärt: „In China kommt zuerst die Beziehung, dann folgen die Gebräuche, und zu guter Letzt kümmert man sich um die Gesetze.“ In Deutschland sei dies „eher umgekehrt“ – was man sich „immer wieder vor Augen führen“ solle. Zumindest auf dem Titelbild der Broschüre tut das der Harmonie keinen Abbruch: Dort schütteln sich der chinesische Drache und der Löwe aus dem Landeswappen einträchtig die Hand.