Eine Studie unter Beteiligung der Hochschule Nürtingen-Geislingen sieht Versorgungslücken in den Kreisen Esslingen und Göppingen – vor allem in kleinen Gemeinden. Doch auf dem Land weiß man sich zu helfen, wie einige Beispiele zeigen.

Esslingen/Göppingen - Im Kreis Esslingen sind acht Gemeinden mit einer Gesamteinwohnerzahl von knapp 20 000 nicht ausreichend mit Lebensmitteln, Drogerieartikeln und anderen Dingen des täglichen Bedarfs versorgt. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie der Firma BBE Handelsberatung mit Hauptsitz in München und der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU). Die Studie untersucht auch den Kreis Göppingen und stellt dort ebenfalls Defizite fest. Dort herrscht laut der Untersuchung in zehn Kommunen ein Unterangebot an Nahversorgung. Betroffen sind rund 6,6 Prozent der Gesamtbevölkerung des Kreises. Das entspricht rund 16 000 Menschen.

 

Unter der Leitung des Dozenten Winfried Schwatlo hat eine Gruppe von etwa zehn Studenten zwei Semester lang die Versorgungssituation in allen Gemeinden der beiden Landkreise untersucht. In den Blick genommen haben sie dabei Supermärkte mit einer Fläche von mindestens 150 Quadratmetern.

Kleine Läden blendet die Untersuchung aus

Kleinere Läden indessen, beispielsweise Bäcker, Metzger, Tante-Emma-Läden oder kleine Getränkeanbieter fallen bei der Studie durch das Raster. Ein weiteres Kriterium ist die Fußläufigkeit. Für eine gute Nahversorgung ist es demnach wichtig, dass ein Markt in sieben bis acht Gehminuten erreichbar ist.

Vor allem kleinere Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern hätten mit einer Unterversorgung zu kämpfen, so die Studie Aber auch Stadtteile von größeren Kreisstädten seien von dem Problem betroffen. Für jede einzelne untersuchte Kommune in den Landkreisen enthält der Nahversorgungsatlas Empfehlungen. Potenzial für die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts gebe es beispielsweise in dem laut der Studie unterversorgten Kohlberg, sofern der benachbarte Neuffener Ortsteil Kappishäusern einbezogen würde. Dasselbe gelte bei einem Schulterschluss für Holzmaden und Ohmden.

Wenn der Nachbar für die Nachbarin mit einkauft

Ein Supermarkt fehlt auch in Altdorf. „Wir würden uns einen Supermarkt wünschen, aber das ist illusorisch“, sagt der Altdorfer Bürgermeister Joachim Kälberer und verweist auf die verschiedenen Angebote in den ein bis zwei Kilometer entfernten Nachbargemeinden. Die Altdorfer deckten sich beispielsweise in Großbettlingen oder Neckartenzlingen ein und führen mit dem Auto zum Einkaufen. „Wer geht heute in den Supermarkt zu Fuß?“, fragt Kälberer. Ältere Menschen könnten beim Einkaufen auf die Nachbarschaftshilfe vertrauen, die in der rund 1500 Einwohner zählenden Gemeinde noch intakt sei.

Im Genossenschaftsmarkt engagieren sich Ehrenamtliche

Unterversorgt ist laut der Studie auch Unterensingen. „Wir haben einen funktionierenden Markt in unserer Ortsmitte“, sagt jedoch der dortige Bürgermeister Sieghart Friz mit Blick auf den Komm-In-Laden, der deutlich mehr als 150 Quadratmeter Fläche habe. Der genossenschaftliche Markt mit seinen rund 150 Mitgliedern habe „Vorzeigecharakter“. Dort könne der Kunde „im Prinzip alles“ kaufen, so Friz. Einen genossenschaftlichen Markt gibt es auch im Nürtinger Stadtteil Roßdorf, welcher der Studie zufolge ebenfalls unterversorgt ist. Zwar habe das Roßdorf-Lädle weniger als 150 Quadratmeter-Fläche, so der Vorstandsvorsitzende und SPD-Stadtrat Hans-Wolfgang Wetzel. Gleichwohl gebe es ein breites Warensortiment. Über eine verstärkte Werbung nach dem Motto „kauf am Ort – fahr nicht fort“ soll nun versucht werden, die Umsätze zu steigern. Ohne die rund 20 ehrenamtlichen Helfer könnte das Roßdorf-Lädle indessen nicht existieren.

Noch Ende der 1970er-Jahre gab es in Roßdorf einen Edeka- und einen Nanz-Markt. Doch wurden diese Wetzel zufolge im Wettbewerb von einem größeren Supermarkt – heute Real – am Fuß des auf einem Berg gelegenen Roßdorfs verdrängt.

Leitfaden für Firmen und Kommunen

Zielgruppe
: Der neue Nahversorgungsatlas richtet sich an Kommunen, an den Einzelhandel und an Immobilienfirmen. Er bietet Orientierung und zeigt auf, wo es Handlungsbedarf gibt. Für Handelsunternehmen bietet er eine Übersicht der Entwicklungspotenziale.

Gemeinden:
Eine Unterversorgung konstatiert der Atlas im Kreis Esslingen in Altdorf, Altenriet, Holzmaden, Kohlberg, Notzingen, Ohmden, Schlaitdorf und Unterensingen. Im Kreis Göppingen sind der Untersuchung zufolge die Gemeinden Bad Überkingen, Börtlingen, Drackenstein, Gruibingen, Hohenstadt, Mühlhausen im Täle, Ottenbach und Schlat sowie die Städte Lauterstein und Wiesensteig betroffen. Die Studie kann zum Druckkostenselbstpreis von 29 Euro per E-Mail unter info@bbe.de bestellt werden