Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung untersucht die Inhalte der dritten Programme. Das Fazit: Im Mittelpunkt stehen Garten, Kochen und Tiere. Ob die Dritten damit ihren Programmauftrag voll erfüllten, sei fraglich.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die dritten Fernsehprogramme haben sich zu Ratgebersendern entwickelt, in deren Mittelpunkt Garten, Kochen und Tiere stehen. Politische Informationen oder Berichte über gesellschaftlich kontrovers diskutierte Themen kommen hingegen nur auf einen Anteil von etwa zehn Prozent. Damit sei fraglich, ob die Dritten „ihren Programmauftrag voll erfüllen“. Diesen Schluss zieht die Otto-Brenner-Stiftung aus einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie des Berliner Medienwissenschaftlers Joachim Trebbe.

 

Am Beispiel zweier Programme – des NDR für Niedersachsen und des SWR für Rheinland-Pfalz – wurden darin exemplarisch die Inhalte der Dritten untersucht. Diese zählten zwar nach Reichweite und Marktanteil zu den erfolgreichsten Sendern, seien wissenschaftlich aber bisher wenig ausgeleuchtet, so die gewerkschaftsnahe Stiftung. Fiktionale Filme oder Serien nehmen laut Trebbe bei den Dritten mit 24 Prozent der Gesamtsendezeit deutlich weniger Raum ein als bei ARD (44 Prozent), ZDF (50), RTL (55) oder Sat 1 (61). Entsprechend höher sei der Anteil der sogenannten fernsehpublizistischen Formate. Dies münde jedoch „nicht in eine entsprechend umfangreichere politische Berichterstattung über regionale Streitfragen von gesellschaftlicher Bedeutung“.

Beim SWR liegt der Anteil solcher Beiträge der Studie zufolge bei zehn Prozent, was an einem Durchschnittstag zweieinhalb Stunden entspreche. Der NDR liege mit 13 Prozent etwa 40 Minuten darüber. Beim Norddeutschen Rundfunk stünden die regionalen politischen Themen „weiter oben auf der Tagesordnung“, folgert der Verfasser. Der Südwestrundfunk setze dagegen stark auf regionale Sachthemen (Traditionen, Brauchtum, Heimat) sowie Service. Wer an einem durchschnittlichen Wochentag das SWR-Programm einschalte, treffe mit einer Wahrscheinlichkeit von 43 Prozent auf Sach- und Ratgeberthemen; beim NDR seien es 36 Prozent.

Ausmaß der Boulevardisierung wie bei Privatsendern

In beiden Programmen nähmen Human-Touch-Themen – Kriminalität und Katastrophen, Stars und Sternchen – einen breiten Raum ein: Mit 21 Prozent beim NDR und 15 Prozent beim SWR liege der Anteil deutlich über den Werten der privaten Sender. „Die Boulevardisierung insbesondere des SWR hat inzwischen ein Ausmaß erreicht, das in etwa dem der privaten Konkurrenz entspricht“, konstatiert die Otto-Brenner-Stiftung.

Zugleich zieht die Studie die von den Sendern genannten Informationsanteile von bis zu 70 Prozent in Zweifel. Dieser Wert komme nur durch viele Wiederholungen zustande, die etwa 40 Prozent des Sendebetriebs ausmachten; zum Teil würden die Sendungen „mehrfach innerhalb nur einer Woche gezeigt“. Tatsächlich liege der – allerdings weit gefasste – Informationsanteil bei etwa 50 Prozent.

Der SWR reagierte mit scharfem Widerspruch auf die Schlussfolgerungen der Stiftung; diese fänden in der Studie keinen Beleg. Durch die Untersuchung selbst, die sehr sachlich sei, zeigte sich der Sender bestätigt: Dem SWR Fernsehen werde darin ein hoher Informationsanteil bescheinigt, hieß es.