Der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Handicap ist nicht nur eine Sache für kleine Kinder. Doch bisher ist Inklusion besonders an weiterführenden Schulen noch ein Fremdwort. Das muss sich ändern.

Stuttgart - Die neue Studie zur Inklusion weist klar die Richtung auf, in die der gemeinsame Unterricht von Schülern mit und ohne Handicap auch in Baden-Württemberg gehen wird. An der Spitze der Bundesländer stehen Bremen und Schleswig-Holstein. Ihr Inklusionsanteil ist mehr als doppelt so hoch wie in Baden-Württemberg. Diese Länder sind deutlich weiter auf dem Weg, den der Südwesten jetzt mit dem neuen Inklusionsgesetz eingeschlagen hat.

 

Die Sonderschulen in Baden-Württemberg sollen zu Förderzentren werden, im Norden sind sie das bereits. Eltern sollen wählen können, ob ihr behindertes Kind eine Regel- oder eine Sonderschule besuchen soll. Im Norden ist das seit Jahren Gang und gäbe. Im Südwesten ist das Wahlrecht zum aktuellen Schuljahr 2015/16 gesetzlich verankert worden. Kinder, die Handicaps beim Lernen und im sozial-emotionalen Bereich haben, werden in Schleswig-Holstein und Bremen praktisch nicht mehr an Förderschulen beschult. Ob das hierzulande so kommen wird, ist offen.

Anteil sinkt dramatisch

Die Studie zeigt auch, dass beim Thema Inklusion Wunsch und Wirklichkeit noch weit auseinander gehen. Sobald die Kinder älter sind, sinkt der Inklusionsanteil dramatisch. Während fast jedes zweite Kind mit Förderbedarf eine Grundschule besucht, ist nur noch jedes fünfte an einer weiterführenden Regelschule. Inklusion ist Thema für alle Schularten, das wiederholt der Kultusminister auch in Baden-Württemberg unermüdlich. Viel Gehör hat er bisher noch nicht gefunden.

Es wäre enttäuschend, wenn Inklusion als Angelegenheit empfunden würde, die nur für kleinere Kinder taugt. Ebenso schädlich wäre es, wenn Sonderschulen, die ausgezeichnete Arbeit leisten, als zweite Wahl eingestuft würden – als Schulen für den Fall, dass es an der Regelschule nicht geklappt hat. Das Ziel muss eine echte Wahlfreiheit unter gleichrangigen Angeboten sein.