Im Pflegefall das richtige Heim zu finden, ist Glückssache. In einer Studie sprechen sich die Bürger dafür aus, dass es verlässliche Informationen über Pflegeanbieter geben muss.

Gütersloh - Jeder zweite Bundesbürger fürchtet, im Alter mangels verlässlicher Informationsquellen nicht das passende Pflegeheim oder den passenden Pflegedienst zu finden. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar Emnid im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. 55 Prozent der Deutschen sehen danach bei Pflegeheimen und -diensten starke Qualitätsunterschiede. Nahezu zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) befürchten besonders, dass es in den Einrichtungen zu wenig Personal gibt.

 

Unter denjenigen, die bereits nach Pflegemöglichkeiten gesucht haben – immerhin jeder Dritte über 50 Jahren – ist diese Sorge noch ausgeprägter. Von ihnen schätzen 73 Prozent die Anzahl des Personals in Pflegeheimen als „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“ ein. Dabei steht insbesondere für diese erfahrenen Pflegeheimsuchenden die Personalsituation auf Platz zwei der wichtigsten Auswahlkriterien, gleich hinter der Qualität der Pflege.

Note sechs für den Pflege-TÜV

Neun von zehn Befragten verlangen verlässliche Daten zum Personaleinsatz (88 Prozent), der Pflegequalität (94 Prozent) und der Ausstattung von Pflegeheimen (92 Prozent). „Pflegebedürftige und ihre Familien sollten alle nötigen Informationen erhalten, um sich für den passenden Anbieter entscheiden zu können“, sagte Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung.

Nachdem der sogenannte Pflege-Tüv sich als untauglich erwiesen hatte, sollte ein „Qualitätsausschuss“ auf Geheiß der schwarz-roten Bundesregierung das Informationsdefizit bis Ende 2017 beheben. Daraus wird aber nichts. „Das Gremium, das aus Vertretern der Pflegekassen und -anbietern besteht, hat bereits angekündigt, die Frist nicht einzuhalten. Das geht zulasten der Ratsuchenden“, sagt Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann-Stiftung. Dabei wäre es seiner Auffassung nach schon heute ohne großen Aufwand möglich, entscheidungsrelevante Informationen bereitzustellen.

Laut Etgeton stehen die Verbände der Pflegekassen und Pflegeleistungserbringer sowie die neue Bundesregierung in der Pflicht. „Der vom Gesetzgeber einberufene Qualitätsausschuss sollte sich nicht nur auf die Pflegequalität konzentrieren, sondern auch Angaben zum Personaleinsatz und zu auswahlrelevanten Einrichtungsmerkmalen in die neue Qualitätsberichterstattung einbeziehen“, forderte er.

Pflegekassen und Leistungserbringer in der Pflicht

Symptomatisch für das Scheitern des Pflege-TÜVs war die Durchschnittsnote 1,3 für Deutschlands Pflegeanbieter. Die Bewertung legte nichts anderes als den Schluss nah, dass hiesige Heime und ambulante Dienste Spitzenqualität abliefern. Jeder, der sich ein wenig auskennt im Pflegebetrieb, wusste, dass das nicht stimmen kann.

Experten wie der SPD-Sozialpolitiker Karl Lauterbach hatten der Regelung, wonach schwere Mängel in einem Fach durch gute Leistungen in einem anderen ausgeglichen werden konnten, früh misstraut. Benotet wurde nach dem Motto: Zehn Punkte für viele Erste-Hilfe-Kurse des Personals machen null Punkte für unversorgte Druckgeschwüre wett.

Vorschläge für einen reformierten Pflege-TÜV hat die Weisse Liste, ein Projekt der Bertelsmann-Stiftung, zusammen mit Experten aus der Wissenschaft und Betroffenenverbänden erarbeitet. Danach sollen die Leistungsanbieter unter anderem Auskunft darüber geben, wie viele Pflegebedürftige ein Pflegender betreut und wie das Personal qualifiziert ist. Vorgeschlagen wird zudem, ein rotes Warndreieck für besonders schlechte und einen grünen Daumen für besonders gute Pflegequalität einzuführen.