Noch nie ist beim Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart die Frage, ob die starken Angreifer Daniel Ginczek und Simon Terodde von Anfang an gemeinsam spielen werden, so berechtigt gewesen wie jetzt.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Neustift - Auf diesen Pass hat Daniel Ginczek gelauert. Von der rechten Seite kam der Ball angeflogen, diagonal in den halblinken Raum gespielt, wo der Stürmer startklar war und mit seinem gewaltigen Körper und dem Ball am Fuß Tempo aufnahm. Zwei türkische Verteidiger versuchten den Angreifer des VfB Stuttgart noch zu stoppen, doch Ginczek ging mitten durch, legte die Kugel quer – und Tor.

 

Emiliano Insua hieß der Torschütze zum 2:0 gegen Kasimpasa, doch alle in der Kufstein-Arena hatten gesehen, dass der Vorbereiter der Mann des Spielzugs gewesen war. Ein typischer Ginczek war es gewesen. Energisch zum einen und elegant zum anderen. Und auch wenn sie beim Fußball-Bundesligisten geneigt sind, Testspiele gegen schwache Gegner nicht überzubewerten, tun solche Momente allen gut.

Daniel Ginczek und Simon Terodde – zusammen von Anfang an oder nicht?

Noch besser ist es für Ginczeks Ego aber, wenn er wie beim 5:0-Sieg gegen den türkischen Erstligisten noch einen Treffer selbst erzielt. „Das ist wichtig, weil er sich auch über Tore definiert“, sagt der Trainer Hannes Wolf über das Selbstverständnis des Stürmers. Eine der ältesten Fußballerweisheiten besagt zudem: je öfter einer trifft, desto größer wird sein Selbstvertrauen – und im Fall Ginczek kehrt damit die Selbstverständlichkeit des Toreschießens zurück.

Ein Gefühl, das er sich nach langer Leidenszeit erst wieder erarbeiten muss. Prall gefüllt ist Ginczeks Patientenakte, seit er im Sommer 2014 vom 1. FC Nürnberg zum VfB kam. Nun aber absolviert der 26-Jährige im Stubaital das nächste Trainingslager und die zweite volle Vorbereitung hintereinander nach den Wochen im Januar. Damit nähert er sich nach einer Zweitliga-Rückrunde als Teilzeitkraft in Österreich seiner alten Klasse.

Was dazu führt, dass die Frage, ob Daniel Ginczek und Simon Terodde von Anfang an gemeinsam für den VfB stürmen werden, noch nie eine so große Berechtigung hatte wie vor der anstehenden Saison.

Beide stehen an wichtigen Karrierepunkten

Aufgrund ihrer starken Physis und der beanspruchten Position sind es zwei ganz ähnliche Spielertypen, allerdings mit ganz unterschiedlichen Ausgangssituationen. Hier Terodde, der in den vergangenen Jahren in der zweiten Liga alles kurz und klein geschossen hat. Dort Ginczek, der schon als Nationalmannschaftskandidat gehandelt wurde, aber oft schwer verletzt war und nicht wieder ein Jahr verschenken will.

Somit stehen beide an wichtigen Karrierepunkten: Terodde, der mit 29 Jahren endlich die Bundesligabühne erobern will, und Ginczek, dessen Geduld mit seiner Situation zu Ende geht. Er will spielen, vom Anpfiff weg. Diesen Anspruch erhebt jedoch auch Terodde. Und nun ist es am Trainer, die Konstellation zu moderieren.

„Auf jeden Fall können beide zusammen spielen“, sagt Wolf. Auf jeden Fall will sich der Fußballlehrer aber nicht auf diese eine Angriffsvariante mit der doppelten Wucht von Terodde und Ginczek festlegen. „Anastasios Donis hat auch Wucht“, sagt Wolf, der das Duo Terodde/Ginczek zuletzt im Training in eine Elf gesteckt hat, aber noch nicht in einer Vorbereitungspartie. Da teilen sie sich die Spielzeit jeweils eine Hälfte lang im Angriffszentrum.

Zwei Mittelstürmer auf einer Linie in vorderster Front wird es nicht geben

„Mit beiden in der letzten Linie werden wir es wohl nicht angehen. Einer muss von weiter hinten kommen und um unseren Mittelstürmer herum spielen“, sagt Wolf. Das ist Ginczeks Part, da er schneller ist, sich besser in das Kombinationsspiel einbringen kann und die Rolle im Endspurt der Aufstiegssaison mit Treffern und Torvorlagen bestens ausgefüllt hat.

Teroddes Revier ist dagegen allein der Strafraum. Steht der Torjäger nicht am Ende einer Passkette, um sie zu veredeln, kommt er dem Spiel manchmal abhanden. Deshalb muss Wolf schauen, dass der Zulieferbetrieb funktioniert. Ausgelegt ist der Kader jedoch auf schnelle Offensivkräfte und nicht auf ein 4-4-2-System. Spieler wie Josip Brekalo, Takuma Asano, Anastasios Donis, Chadrac Akolo, Julian Green oder Tobias Werner beanspruchen ebenfalls ihre Räume und Einsatzzeiten.

Wir haben Passanten in der Stuttgarter Innenstadt zum Saisonstart des VfBs in der 1. Liga befragt:

Doch Fußball ist nicht nur Taktik, sondern ebenso Psychologie. Schon die bloße Anwesenheit von Terodde und Ginczek im Kabinengang kann Verteidigern Respekt einflößen. Athletisch und kraftvoll sind sie mit ihren mehr als 1,90 Meter Körpergröße. Weshalb Ginczek die flapsige Bezeichnung gefunden hat, dass es sich bei ihnen um den „Ochsensturm“ handelt. Doch es sind zwei Ochsen, die richtig gut kicken können, wie Wolf zu sagen pflegt. Auch wenn Terodde bisher immer gegen den Verdacht angespielt hat, über die Virtuosität eines Rammbocks zu verfügen.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

lade Widget...

Tabelle

lade Widget...
Komplette Tabelle