Polizei und Feuerwehr schätzen, dass Schäden in Höhe von mehreren Zehntausend Euro durch den Sturm in der Nacht zum Freitag entstanden sind.

Stuttgart - Was ein schwerer Sturm mit Windstärke 10 bewirken kann, zeigt sich im Stuttgarter Osten: Ein Blechdach hat sich auf einem fünfgeschossigen Wohngebäude in der Metzstraße aufgerollt wie eine Fischdose. „Zum Glück blieben 30 Quadratmeter Blech an einem Schornstein und Antennenmast hängen“, sagt Sven Lehmann von der Stuttgarter Feuerwehr, „es drohte auf die Straße zu stürzen.“ Fast drei Stunden brauchen die Wehrmänner, um das Dach notdürftig abzusichern. Die Polizei kennt das Haus: Früher war hier der Polizeiposten Metzstraße zu Hause. Jetzt ist dort das Familienzentrum Stöckach untergebracht. „Wie es dort weitergeht“, sagt ein Stadtsprecher, „das wissen wir erst nächste Woche.“

 

Volles Tempo Mit 90 Kilometern pro Stunde bläst das Sturmtief Egon am Freitagmorgen über den Schnarrenberg, 88 Stundenkilometer sind es auf dem Flughafen. „Damit können wir von einem schweren Sturm sprechen“, sagt Meteorologe Clemens Steiner. Allerdings liegt die Landeshauptstadt eher im Windschatten. Auf dem Feldberg waren es 136 und im Pfälzer Wald 148 Kilometer pro Stunde. Zum Vergleich: Orkantief Lothar blies im Jahr 1999 mit Tempo 144 über die Filder.

Pfeifen im Walde Der Wald rund um Stuttgart hat dem Sturm tapfer standgehalten. Nur zwei Bäume seien umgeknickt, „ansonsten sind an mehreren Stellen abgebrochene Äste herabgefallen“, sagte Hagen Dilling vom Forstamt. Eine Buche stürzte im Bereich des Wildgeheges im Rotwildpark um und versperrte Joggern den Weg bei der morgendlichen Runde. Der Baum beschädigte einen Zaun, den Mitarbeiter des Forstamts am Freitagmorgen wieder reparierten. Außerdem konnte sich zwischen dem Schwarzwildgehege und Botnang eine Fichte nicht mehr halten und kippte auch über einen Weg des Schwarzwildparks. Der Eindruck, es hätte mehr Bäume getroffen, trüge: Regulär gefällte Bäume würden noch zum Abtransport bereitliegen, beim Pfaffensee etwa solche, die vom Borkenkäfer angefressen wurden.

Außer Atem Ein Bauzaun demoliert drei Autos in Uhlbach, ein mobiles Toilettenhäuschen liegt auf dem Killesberg auf der Straße, eine Palette fliegt im Stuttgarter Westen gegen ein geparktes Auto, der Rauchpavillon einer Gaststätte im Osten trifft mehrere Fahrzeuge: Die Polizei ist am Morgen mit knapp 50 Einsätzen beschäftigt. „Zum Glück ohne Verletzte“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer. Die Feuerwehr muss in elf Fällen Schwerstarbeit leisten, um Bäume und Bauzäune zu beseitigen.

Bahn frei „Wir sind relativ glimpflich durch den Sturm gekommen“, sagt ein Bahn-Sprecher. In der Nähe von Lauffen am Neckar fiel gegen 8.50 Uhr ein Baum auf die Gleise, die von Norden nach Süden führen. Daher kam es zu Verzögerungen auf dieser Strecke. Ebenfalls betroffen waren die IC- und ICE-Züge zwischen Mannheim und Stuttgart. Um 9.50 Uhr waren in Vaihingen/Enz (Kreis Ludwigsburg) Äste auf die Oberleitungen gefallen. Die Schnellzüge mussten durch das Nadelöhr eines einzigen Gleises, es kam zu Verspätungen. „Situationen wie ein Sturm sind nicht planbar, da müssen wir ad hoc entscheiden, wie wir reagieren“, sagt der Bahn-Sprecher.

Wie beflügelt Im Gegensatz zu anderen Airports hat Sturmtief Egon den Stuttgarter Flughafen kaum beeinträchtigt. Zwei bis drei Ausfälle nennt Sprecherin Beate Schleicher.

Wirbel in der Region Einiges zu tun hatten Polizei und Rettungskräfte in den Landkreisen Böblingen und Ludwigsburg. „Insgesamt 70 Einsätze, zum Glück ohne Personenschaden“, bilanziert Polizeisprecher Peter Widenhorn. Spektakulär: In Steinenbronn (Kreis Böblingen) verdrehen sich zwei Stromleitungen und schweißen sich zusammen. In Wendlingen (Kreis Esslingen) wird durch den Sturm das Dach einer Firma eingedrückt, mehrere Teile fallen in die Firmenhalle. In Kernen-Rommelshausen (Rems-Murr-Kreis) verleiht Sturmtief Egon einer Hüpfburg Flügel.

Schäden im Land Am schlimmsten hat das Sturmtief im Raum Karlsruhe und Heilbronn gewütet. Dort mussten die Rettungskräfte 130-mal ausrücken. Schlimm trifft es eine Lastwagenfahrerin in Mannheim: Als sie auf ihrem Sattelzug eine Plane festzurren will, wird sie von einer Sturmböe vom Fahrzeug geschleudert und schwer verletzt. In Todtnau im Hochschwarzwald musste ein betrunkener 32-jähriger Tourist aus einem Schneesturm gerettet werden. Er irrte völlig durchnässt umher.

Hoch im Norden Egon bringt im nördlichen Bundesgebiet heftige Schneefälle. In Thüringen war „die Situation chaotisch“, so die Polizei. Nur die Schüler freuten sich: Vielerorts fiel der Unterricht aus.