Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)
Also alles in Butter?
Ich bin ein bisschen erschrocken, dass Werner Sobeks und mein Einwurf, wonach wir neben dem Bahnhof nicht noch zehn weitere Jahre auf eine Baugrube blicken sollten, von der Öffentlichkeit, aber auch von der Politik teilweise so verstanden wurde, als dass wir uns über die Behandlung beschweren würden, die wir da zur Zeit genießen. Das ist nicht der Fall. Ich glaube im Gegenteil, dass alle ein Bewusstsein für die Chance haben, die sich ergibt. Allen ist auch die Dringlichkeit bewusst.
Und das geht weit über den eigentlichen Bahnhof hinaus, wofür Sie sich zuständig fühlen?
Wenn man sich den Geltungsbereich des Architektenwettbewerbs für den Bahnhof anschaut, zeigt sich, wie umfangreich das ist. Es beinhaltet nämlich alle Kontaktflächen zwischen Bahnhofsgelände und Stadt, über die wir heute vorrangig reden. Das geht los jenseits der Willy-Brandt-Straße ein Stück den Hang hinauf und setzt sich fort über die Ecke des Schlossgartens zur Schillerstraße hin, wo es weiterhin in allen Plänen ein Gebäude für Kulturnutzung gibt. Teil des Wettbewerbs war auch die Fläche des Oberen Schlossgartens bis fast zur Oper hin. Dazu gehören Flächen in die Königstraße hinein sowie die Klett-Passage und der Arnulf-Klett-Platz, also alles zwischen dem Bahnhof und dem Zeppelin-Carré und schließlich über die Bahndirektion und den Bereich vor der LBBW bis ins A2-Areal hinein. Letzteres vor allem auch, weil man im Wettbewerb noch unterstellt hatte, dass über dem Gleisbereich eine große Halle gebaut wird. Daran sollte sich in Richtung des neuen Viertels eine 80 bis 90 Meter tiefe Platzfläche anschließen. Das dahinter entstehende Gebäude war auch Bestandteil des Wettbewerbs. Weil wir den Platz aufs Bahnhofsdach gerückt haben, sind die direkt angrenzenden Gebäude nun Teil unserer Konzeption.
Den Wettbewerb haben Sie 1997 gewonnen, also vor 18 Jahren. Warum ist seitdem so wenig geschehen?
Direkt nach dem Wettbewerb – da waren Wolfgang Schuster OB und Matthias Hahn Baubürgermeister – hatten wir erwartet, dass die Stadt mit uns über die Flächen diskutiert. Aber es ist eigentlich bis vor einem Jahr nicht dazu gekommen, dass man sich an einen Tisch gesetzt und gesagt hätte: ,Ärmel hoch, wir fangen an zu denken und zu handeln.‘
Und wie kann die Lösung dieses Problems aussehen?
Stadtplanung, die über das Organisieren eines Bebauungsplanes und die Einbindung der Öffentlichkeit hinausgeht, ist etwas, was uns in diesem Land fast schon abhanden gekommen ist. Da bildet Stuttgart keinen Einzelfall. Diejenigen, die sich Stuttgart 21 ausgedacht haben, die haben eigentlich Stadtplanung im wörtlichen Sinn betrieben. Danach ist es aber nicht mehr dazu gekommen. Seit einem Jahr habe ich aber berechtigte Hoffnung, dass Herr Kuhn eine gänzlich andere Einstellung mitbringt.