Man orakelt, wenn es um den Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs und der Neubaustrecke nach Ulm geht. Projektsprecher Wolfgang Dietrich spricht nun von „Irritationen“ und hält den Termin 2021 nach wie vor für realistisch.

Stuttgart - Exakt drei Wochen nach der jüngsten Sitzung des Lenkungskreises hat die Bahn die Sprache wieder gefunden. Am Abend des 23. Juli hatte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nach dem Treffen aus Unterlagen der Bahn zitiert, wonach der Konzern selbst mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit erst im Dezember 2022 mit der Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs und der Neubaustrecke nach Ulm rechne. In den vom Infrastrukturvorstand Volker Kefer vorgelegten Papieren waren aber auch – mit abnehmender Wahrscheinlichkeit – später Fertigstellungstermine bis Dezember 2024 genannt. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollten Stuttgart 21 und die Neubaustrecke zum Jahreswechsel 2019/2020 fertig sein, der bisher von der Bahn genannte Termin im Dezember 2021 bedeutet schon zwei Jahre Verzug.

 

Der Projektsprecher Wolfgang Dietrich hat nun am Dienstag vor Medienvertretern bekräftigt, dass „für uns nach wie vor Dezember 2021 der Zeitpunkt der Inbetriebnahme ist“. Darauf seien alle Bauplanungen ausgerichtet. „Der Termin 2022 ist falsch“, sagte Dietrich. Kefer begründete die in den Unterlagen genannten Daten nach der Lenkungskreissitzung als kaufmännische Termine, bei denen es darum gehe, wie wahrscheinlich es sei, dass durch Verzögerungen Mehrkosten entstünden. Allerdings ist auch in der Begründung des Aufsichtsratsbeschlusses im März für die Erhöhung des Kostenrahmens von 4,5 auf 6,8 Milliarden Euro von einer Fertigstellung im Dezember 2022 die Rede. Zudem haben Wirtschaftsprüfer in einer Plausibilitätsprüfung der bahninternen Papiere vor weiteren Zeit- und Kostenrisiken gewarnt.

Bahn vertraut auf Terminsteuerungssystem

All dies ficht Dietrich nicht an. Im Zusammenhang mit der Lenkungskreissitzungen sprach er nun von „Irritationen“ und betonte: „Niemand bei der Bahn geht von einem anderen Termin als Dezember 2021 aus“. Alle seien auf dieses Datum eingeschworen, alle Verträge mit den Baufirmen darauf ausgelegt – „alle kämpfen darum, dass dieser Termin eingehalten wird“. Dietrich stellte auch ein Terminsteuerungssystem vor, das es erlaube, mögliche Zeitrisiken trotz der komplexen Zusammenhänge zu erkennen und frühzeitig dagegen zusteuern. „Nicht jede Verzögerung bedeutet automatisch, dass die Inbetriebnahme gefährdet ist“, sagte er.

Flughafenabschnitt

Neben dem Brandschutz und dem Grundwassermanagement sei das Planfeststellungsverfahren für den Filderabschnitt das zeitkritischste Thema. Durch Informationsveranstaltungen in den Gemeinde- und Bezirksbeiräten wolle man den Prozess beschleunigen, damit Anfang 2015 die Genehmigung vorliegen könne. Dietrich räumte aber auch ein, dass die Flughafenanbindung auch nach der Inbetriebnahme erfolgen könne.

Grundwassermanagement

Die in einer Halle im Stuttgarter Schlossgarten gebaute Anlage befindet sich seit vergangener Woche im Probebetrieb. Vermutlich Ende September wird bei den Bauarbeiten für die südliche Rettungszufahrt des Fildertunnels und auf der Baustelle der SSB erstmals mit Grundwasser gerechnet, das abgepumpt werden muss. Zudem erwartet Dietrich, dass nach der Terminierung der Anhörung das Genehmigungsverfahren für die Entnahme von 6,8 statt drei Millionen Kubikmeter Grundwasser in den nächsten Monaten beendet wird. „Die Genehmigung sollte Anfang 2014 vorliegen, sonst gibt es Probleme“, sagt er.

Brandschutz

Noch immer stimmen die Bahn, das Eisenbahnbundesamt und die Feuerwehr das Brandschutzkonzept für den Tiefbahnhof ab. Ursprünglich war geplant, den Stuttgarter Gemeinderat im Juli darüber zu informieren. Jetzt hofft Dietrich, dass im Oktober oder November ein Zwischenstand mitgeteilt werden kann. Es gibt unterschiedliche Einschätzungen, ob die Fluchtwege über die neuen Treppenhäuser ausreichend sind. Die Feuerwehr befürchtet, dass die Menschen in verrauchte Bereiche auf das Dach des Tiefbahnhofs geführt werden, da dorthin auch entlüftet werden soll. Dietrich rechnet damit, dass das Brandschutzkonzept im Frühjahr 2014 genehmigt wird.

Fildertunnel

Die mehr als 53 000 und zwölf Tonnen schweren Betonfertigteile für die Innenwände werden von der Firma Max Bögl aus dem 240 Kilometer entfernten Sengenthal (Kreis Neumarkt) nach Stuttgart geliefert. Für den Bahntransport kämen als Endstation der Hafen oder der Güterbahnhof Kornwestheim in Frage, sagte Dietrich. Von dort aus müssten die Segmente auf Lastwagen zum Tunnelportal im Gewerbegebiet Fasanenhof transportiert werden. Dietrich schloss aber nicht aus, dass ein Teil der Segmente auch nur auf dem Lastwagen von Sengenthal nach Stuttgart geliefert würde. Ende September (und nicht erst Ende des Jahres, wie Bögl erklärt hatte), soll ein Logistikkonzept vorgestellt werden.