Trotz des offiziellen Dementis des Projektsprechers von Stuttgart 21 sieht sich die Bahn beim Thema Grundwassermanagement vor viele Schwierigkeiten gestellt. Der Konzern geht von Verspätung und Mehrkosten aus.

Stuttgart - Der Bau des Tiefbahnhofs kann wegen der Planänderungen beim Grundwassermanagement möglicherweise nicht vor Anfang 2014 beginnen. Entsprechende Informationen der Stuttgarter Zeitung aus dem Umfeld der Projektbeteiligten bestätigte am Mittwoch auf Anfrage Anton Hofreiter (Grüne), der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag. Er wisse von der Verzögerung aus Kreisen des Eisenbahnbundesamts (Eba), sagte er. Hintergrund: Im Eba fand kürzlich eine Besprechung zwischen Vertretern der Aufsichtsbehörden sowie Projektpartnern statt, bei der die Bahn vor Verzug und Mehrkosten gewarnt hat.

 

Dies steht im Widerspruch zur Stellungnahme der Bahn: Laut Stuttgart-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich bleibt es bei dem auf Januar 2013 festgesetzten Baubeginn, da für den Baustart eine Grundwasseranlage ausreiche, mit deren Genehmigung demnächst zu rechnen sei. Das Eisenbahnbundesamt bestätigt zwar, dass es dann ein beschränktes Baurecht gäbe. Der Stuttgarter Bürgermeister Matthias Hahn (SPD) hält es aber für ausgeschlossen, wie er gegenüber der Stuttgarter Zeitung betont, dass die Bahn das Risiko eingehe, mit einer „halben“ Anlage zum Abpumpen und Reinigen des Grundwassers zu starten. Hintergrund der Debatte ist die mit dem Bundesverkehrsministerium abgestimmte Forderung des Eba nach einer umfangreichen Planänderung für den Tiefbahnhof – und damit einer zweiten Grundwassermanagementanlage, für die das Genehmigungsverfahren nun ausgeweitet wird. Es werden bei diesem Verfahren nicht nur Akten ergänzt, die Pläne werden laut dem Regierungspräsidium Stuttgart öffentlich ausgelegt und mit den Bürgern erörtert. Danach muss ein Anhörungsbericht gefertigt werden, den die Aufsichtsbehörde Eba in Bonn prüft. Erst dann ergeht ein Beschluss. Das Verfahren dauert erfahrungsgemäß ein Jahr – sollten sich Klagen betroffener Bürger anschließen, noch länger.

Amt für Umweltschutz wartet noch auf Gutachten

Nötig wird dieses Änderungsverfahren, weil die Bahn davon ausgehen muss, doppelt so viel Grundwasser abpumpen zu müssen wie vorgesehen, um den Tiefbahnhof im Trog zu bauen. Das Regierungspräsidium will die Pläne erst nach den Sommerferien auslegen, so dass alle interessierten Bürger Einblick nehmen können. Der städtische Pressesprecher Markus Vogt sagte, für die Stadt sei eine „umfangreiche Bürgerbeteiligung essenziell“. Daher begrüße sie das Verfahren. Ihr sei sehr daran gelegen, dass am Ende der Erörterung keine das Grundwassermanagement betreffenden Fragen mehr offen seien. Diese Botschaft verbreiteten am Mittwoch auch die Grünen durch die Bank – von der Landesvorsitzenden Thekla Walker über Ratsfraktionschef Peter Pätzold bis hin zum OB-Kandidaten Fritz Kuhn. Und der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann legt Wert auf „Transparenz und Offenheit“. Er forderte die Bahn auf, „rechtzeitig und präzise“ über Verzögerungen und die finanziellen Folgen zu berichten; und zwar nicht erst im Projektlenkungskreis, sondern sofort. Klar ist für die Parteipolitiker und für Hermann auch, dass die Öffentlichkeit am Verfahren beteiligt werden müsse. Dessen Beginn setzt aber zunächst noch eine Bewertung durch das Amt für Umweltschutz voraus. Baubürgermeister Hahn hat aber mitgeteilt, man warte nun schon ein Jahr auf ein geotechnisches Gutachten der Bahn. Die Behörde werde nach Durchsicht der Planfeststellungsunterlagen entscheiden, ob weitere Gutachten für ein Plazet nötig seien. Die Bahn kostet die Planänderung wohl Zeit und Geld: Der bereits von 2019 auf 2020 verschobene Fertigstellungstermin steht bei späterem Baubeginn des Tiefbahnhofs zur Disposition. In der Schlichtung hatte der Bahn-Technikvorstand Volker Kefer zudem gesagt, ein Jahr Verzögerung koste 40 Millionen Euro. Hinzu kommen Vertragsstrafen von Firmen, die über Aufträge in dreistelliger Millionenhöhe verfügen und loslegen würden. Aus dem Grundstücksvertrag mit der Stadt ergeben sich bei verspäteter Überlassung der Grundstücke ebenfalls Regressforderungen von etwa 50 Millionen Euro pro Jahr.