Für den Bau des neuen Tiefbahnhofs muss wohl mehr Grundwasser abgepumpt werden als genehmigt. S21-Gegner machen sich Sorgen um die Bäume.

Stuttgart - Das Grundwasser im Stuttgarter Talkessel bereitet den Machern des geplanten Tiefbahnhofs offenbar mehr Probleme als bisher zugegeben. Noch vor wenigen Wochen hatte die Deutsche Bahn einen Bericht des Hamburger Magazins "Stern" dementiert, in dem aus einer internen Risikoanalyse der für Stuttgart 21 zuständigen DB Projektbau zitiert worden war. Darin hatten die Ingenieure unter anderem auch darauf hingewiesen, dass möglicherweise das Grundwasservorkommen wesentlich höher sei als in bisherigen Modellen angenommen. Bastian Engel von der DB Projektbau hat nun in der vergangenen Woche vor dem Bezirksbeirat Mitte eingeräumt, dass die Bodenschichten im Talgrund teilweise durchlässiger seien als bisher angenommen. Man habe daher inzwischen entsprechend höhere Wassermengen simuliert. Ob diese in der Realität tatsächlich anfallen, sei aber unklar, so der Vertreter der Bahn-Tochter. 

 

Im S-21-Kommunikationsbüro war man über diese Aussagen alles andere als glücklich. Gerade das Thema Wasser gehört im Zusammenhang mit dem umstrittenen Milliardenprojekt zu den Hauptkritikpunkten der Stuttgart-21-Gegner. Mit einem aufwendig geplanten und austarierten sogenannten Grundwassermanagement sollen sowohl das Grundwasser als auch das in den darunter liegenden Gesteinschichten fließende Mineralwasser geschützt werden. Zudem hat die Aufsichtsbehörde, das Eisenbahnbundesamt (Eba), der Bahn auf mehr als 100 Seiten detaillierte Auflagen zum Gewässerschutz gemacht.

"Kein Grund zur Sorge."

Entsprechend bemüht sich das für die positive Außendarstellung des Projekts zuständige Büro, aufkeimende Befürchtungen zu zerstreuen. Die bisher vorgenommenen umfangreichen Probebohrungen für das Grundwassermanagement und dessen Betrieb seien kein statischer Vorgang, sondern ein "Prozess, mit dem etwa Veränderungen und Schwankungen frühzeitig erkannt, bewertet, aufgenommen und durch entsprechende Maßnahmen aktiv gestaltet werden", erklärte ein Sprecher auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung. Vertiefende Erkenntnisse seien deshalb "kein Grund zur Sorge", sondern ein Beitrag zur Weiterentwicklung des bestehenden Schutzsystems.

Auf die Frage, ob es zutreffe, dass die Bodenschichten teils durchlässiger seien als angenommen, erklärte der Sprecher, man habe im Zuge des Erkundungsprogramms und der Erstellung sogenannter Infiltrationsbrunnen, mit denen das aus der Baugrube für den Tiefbahnhof abgepumpte Grundwasser wieder ins Erdreich geleitet wird, "weitere vertiefte Kenntnisse über die geologischen Verhältnisse gewonnen". Diese sollen in die weitere Planung des Grundwassermanagements einfließen. Im Klartext: die Antwort auf die Frage lautet ja, aber die Sache ist beherrschbar.

Auch die Frage, ob gegebenenfalls mehr Grundwasser abgepumpt werden muss als in der Baugenehmigung des Eba festgeschrieben erklärte das Kommunikationsbüro, die Bahn werde nach Abschluss der Untersuchungen gegebenenfalls dem Eba die neu gewonnenen Erkenntnisse mitteilen und "etwa erforderliche Änderungen der wasserrechtlichen Entscheidungen" beantragen. Im Planfeststellungsbeschluss für den Tiefbahnhof, der von einer maximal siebenjährigen Bauzeit ausgeht, hat das Eba 2005 festgelegt, dass maximal drei Millionen Kubikmeter, also drei Milliarden Liter Grundwasser abgepumpt und wieder zugeführt werden dürfen, um den Druck auf die darunter liegenden mineralwasserführenden Schichten stabil zu halten.

Für die sogenannten Parkschützer ist das Eingeständnis der Bahn im wahrsten Sinn des Wortes Wasser auf ihre Mühlen. Schon seit langem haben sie vor vielfältigen unkalkulierbaren Risiken beim Abpumpen des Grundwassers gewarnt. Der geplante Ringtunnel für Stuttgart 21 könne nicht gebaut werden, da er einen unter hohem Druck stehenden Mineralwasserstrom direkt durchschneiden würde, heißt es in einer Presseerklärung. Zudem besage ein hydrologisches Gutachten, dass die Mineralwasserströme rund um Stuttgart anders verlaufen als bei der Planung von Stuttgart 21 vorausgesetzt. In einer Presseerklärung fordern die Projektgegner daher einmal mehr einen sofortigen und vollständigen Baustopp.

Das Gutachten findet sich unter: www.geologie21.de/Downloads/Schloz_Hydrologie.pdf.

Das Problem der Wasserströme im Stuttgarter Untergrund

Wassermanagement

Mit einem komplexen Brunnen- und Pumpsystem will die Bahn dafür sorgen, dass der Grundwasserspiegel während der Bauarbeiten für den Tiefbahnhof stabil bleibt. Dies hat das Eisenbahnbundesamt dem Bauherrn zur Auflage gemacht, um eine Gefährung des unter den grundwasserführenden Schichten fließenden Mineralwassers auszuschließen.

Mechanismus

Das Grundwasser wird abschnittsweise abgepumpt, gereinigt und danach wieder infiltriert. Dazu wird ein 17 Kilometer langes, oberirdisches Rohrleitungsnetz installiert; mehr als 90 Messstellen kontrollieren während der Bauzeit den Wasserspiegel im Stuttgarter Talkessel.

Kritik

Die Stuttgart-21-Gegner glauben, dass die Annahmen der Bahn über die Wasserströme falsch sind. Außerdem könnten durch technisches Versagen beim Abpumpen die Bäume im Schlossgarten an Wassermangel eingehen.