Die Bahn lenkt ein: Weil das Schweizer Gutachterbüro SMA mehr Zeit für die Prüfung benötigt, werden zunächst keine Bauaufträge mehr vergeben.

Stuttgart - Die ursprünglich für den 14. Juli anberaumte öffentliche Präsentation des Stresstests für das umstrittene Tiefbahnhofsprojekt Stuttgart 21 ist auf Ende Juli verschoben worden. Ein konkreter Termin steht allerdings noch nicht fest. Zur Begründung erklärten der S-21- Schlichter Heiner Geißler und Bahntechnikvorstand Volker Kefer übereinstimmend, das mit der Prüfung der bahninternen Fahrplansimulation betraute Schweizer Gutachterbüro SMA habe um den zeitlichen Aufschub gebeten.

 

Geißler und Kefer gaben außerdem bekannt, dass der Schienenkonzern bis zur öffentlichen Präsentation des Prüfungsergebnisses keinen Zuschlag an ein Unternehmen für Tunnelbauten im Wert von 750 Millionen Euro erteilen werde. Die Bahn hält allerdings daran fest, das Vergabeverfahren am 15. Juli einzuleiten; zunächst sollen allerdings nur Briefe an diejenigen Bewerber verschickt werden, die bei der Vergabe leer ausgehen. Kefer machte zugleich deutlich, dass die Bahn keinerlei Spielraum für einen weiteren Aufschub sehe. Der 31.Juli sei der spätestmögliche Termin für die Auftragsvergabe, weil dann die Bindefrist der Angebote auslaufe.

Rülke übt scharfe Kritik an Geißler

Die Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Brigitte Dahlbender, wertete die Verschiebung als Teilerfolg für die Projektgegner. Sie kritisierte zugleich, dass wesentliche Elemente des S-21- Schlichterspruchs von Heiner Geißler nicht in den Stresstest einbezogen worden seien. Zugleich empfahl sie der grün-roten Landesregierung, selbstbewusster gegenüber der Bahn aufzutreten.

Der FDP-Fraktionschef im Landtag, Hans-Ulrich Rülke, übte als Reaktion auf die Terminverschiebung scharfe Kritik an Geißler und stellte dessen Rolle in dem Gesprächsprozess infrage. Sein Fraktionskollege Jochen Haußmann legte nach: "Offensichtlich wird die Halbwertszeit der Geißler'schen Ankündigungen immer kürzer."

Winfried Hermann begrüßt die von Geißler vermittelte Terminänderung

Stuttgarts OB Wolfgang Schuster (CDU) bescheinigte dem früheren CDU-Bundesminister dagegen, erneut zur Versachlichung des Dialogs zwischen Gegnern und Befürwortern des Milliardenprojekts beigetragen zu haben. Landesverkehrsminister Winfried Hermann begrüßte die von Geißler vermittelte Terminänderung: "Wenn es um die Qualität geht, ist es mir lieber, wenn die Gutachter noch eine Woche länger rechnen." Dass die Bahn bis Ende Juli den Auftrag für die Tunnelbauten nicht vergeben wolle, sei ein Beitrag, "dass der Dialog überhaupt einen Sinn macht". SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte, der Auftrag werde erst dann zustande kommen, wenn SMA den Stresstest positiv bewertet habe.

Die Grünen im Landtag und im Gemeinderat sehen ihre Bedenken durch die Terminverschiebung bestätigt. Es sei absehbar gewesen, dass der enge Zeitplan und die voreiligen Schlussfolgerungen der Bahn nicht zu halten seien.