Der jüngste Antrag der Bahn verursacht Aufregung im Lager der Projektgegner: Es soll mehr Grundwasser abgepumpt werden.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn hat beim Eisenbahnbundesamt (Eba) eine Änderung der wasserwirtschaftlichen Genehmigung für das Abpumpen des Grundwassers im Rahmen des Baus von Stuttgart 21 beantragt. Statt bisher drei Milliarden Liter bittet die Bahn nunmehr die Aufsichtsbehörde, bis zu maximal sechs Milliarden Liter während der auf sieben Jahre taxierten Bauzeit des unterirdischen Durchgangsbahnhofs abpumpen und wieder in den Boden infiltrieren zu dürfen.

 

Dieses aufwendige Verfahren ist notwendig, um einerseits während der Bauphase das Grundwasser aus den Baugruben im Talkessel herauszuhalten und andererseits den Druck auf die darunter liegenden mineralwasserführenden Gesteinsschichten stabil zu halten. Das S-21-Kommunikationsbüro hat am Montag bestätigt, dass der Antrag dem Eba vorliegt. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Bahn eingeräumt, dass aufgrund aktueller Messungen und Untersuchungen jetzt deutlich mehr Grundwasser im Untergrund vermutet werde, als bei den bisherigen Modellrechnungen zugrunde gelegt worden war (die StZ berichtete). Die gewonnenen Erkenntnisse seien allerdings kein Grund zur Sorge, sondern führten zu einer Weiterentwicklung des bestehenden Schutzsystems.

"Das Maß ist überschritten"

Welche Konsequenzen es hat, wenn tatsächlich bis zur doppelten Menge Grundwasser abgepumpt werden darf, ist unklar. Stuttgart-21-kritische Geologen und Hydrologen fürchten, dass die Stabilität des Bonatz-Baus gefährdet sei und Bäume im Schlossgarten aufgrund von Wassermangel eingehen könnten. Zu den möglichen Auswirkungen auf die Dimensionierung des geplanten 17 Kilometer langen oberirdisch verlaufenden Rohrleitungsystems sowie die Kapazität der Grundwassermanagementzentrale im Schlossgarten will man sich derzeit nicht äußern. Nach StZ-Informationen ist aber nicht auszuschließen, dass der Durchmesser der vorgesehenen Leitungsrohre für die doppelte Wassermenge nicht ausreicht.

Für den Regionalgeschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz, Gerhard Pfeiffer, ist der Antrag der Bahn beim Eba ein Offenbarungseid. Mit der massiven Steigerung der Abpumpmengen sei "das Maß bezüglich der Mineralwassergefährdung endgültig überschritten", so Pfeiffer, der auch einer der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 ist. S-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich dementierte entschieden: "Es ist unseriös, daraus eine Gefährdung des Mineralwassers abzuleiten. Die Projektgegner sollten endlich unterscheiden lernen, dass es verschiedene wasserführende Schichten gibt und keine Unwahrheiten behaupten."

Unterdessen haben sich 400 Sozialdemokraten dem Aktionsbündnis gegen das umstrittene Bahnprojekt angeschlossen. Die "SPD-Mitglieder gegen S 21" wollen deutlich machen, dass die Partei keineswegs stramm für Stuttgart 21 ist.