In der Landeshauptstadt werden 1700 Gebäude von Stuttgart-21-Tunnels unterfahren. Den Eigentümern will die Bahn künftig eine Mindestentschädigung bezahlen, weitergehende Rechte geben die Besitzer aber damit nicht ab.

Stuttgart - In Stuttgart werden 1700 Grundstücke von S-21-Tunneln unterfahren. Um einen Präzedenzfall zu schaffen, sucht die Bahn derzeit nach geeigneten Grundstücksbesitzern für eine Musterklage. Der Fall der Landeswasserversorgung eignet sich nach Aussage der Bahn dafür jedoch nicht. Zudem wolle man bei der Entschädigung der Eigentümer vieles ändern, erklärt Peter Sturm, der Geschäftsführer der Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm. Ziel ist eine intensivere Kommunikation.

 

Die Angst der Eigentümer, die von Stuttgart 21 betroffen sind, könne er verstehen, sagt der Geschäftsführer. Deshalb werde man alte Zöpfe abschneiden. Grundsätzlich gelte, dass man künftig allen Eigentümern eine Mindestentschädigung anbieten wolle, so Sturm. Die Bahn wird demnach für die Wertminderung eines Grundstücks eine von ihr berechnete Summe ausbezahlen. Die Höhe wird weiterhin durch das eigens für Stuttgart 21 entwickelte Verfahren der DIA Consulting AG aus Freiburg berechnet (die StZ berichtete).

Alle erhalten eine Mindestentschädigung

Die Zahlung ist abhängig von der betroffenen Grundfläche, dem Bodenrichtwert und der Tunneltiefe. Da der Bodenrichtwert recht grob ist und sich über ganze Stadtviertel erstreckt, bildet er nicht den Wert jedes einzelnen Grundstücks ab. Im Fall der Landeswasserversorgung im Kernerviertel ergab ein Gutachten einen tatsächlichen Bodenwert von 1338 Euro pro Quadratmeter – der von der Bahn herangezogene Bodenrichtwert liegt hingegen bei 860 Euro. Die Botschaft der Bahn: „Wer die Mindestentschädigung annimmt, gibt keine Rechte auf“, erklärt Sturm. Das bedeutet: sollte ein Gutachten im Nachhinein einen höheren Bodenwert ergeben, müsste die Bahn die Entschädigung anpassen.

Bei Schäden, die an Häusern im Gebiet der Tunnel entstehen, ist die Bahn nach eigener Aussage in der Beweisschuld. „Wir müssen darlegen, dass Schäden nicht an uns liegen“, so Sturm. Als Hilfestellung gebe man Betroffenen eigene Messprotokolle als Beweismittel an die Hand. Und es werde jedes Haus vorher auf Schäden untersucht.

Die Bahn will ihr Vetorecht sorgsam gebrauchen

Ebenso wichtig für Eigentümer: das Vetorecht der Bahn bei späteren Bauvorhaben auf den betroffenen Grundstücken. Sturm spricht an dieser Stelle von vertikaler Nachbarschaft und gegenseitiger Rücksicht. „Wir wollen lediglich sicherstellen, dass unsere Tunnel durch neue künftige Bauwerke darüber nicht beschädigt werden“, sagt Sturm. Bauanfragen auf den betroffenen Grundstücken wolle man nach Abschluss der eigenen Arbeiten jedoch kulant handhaben. Vom Vetorecht, was dem Nachbar an der Oberfläche die Bauerlaubnis auf dem eigenen Grundstück entziehen würde, wolle man nur mit guten und sachlichen Gründen Gebrauch machen.