Lärmende Bauarbeiten mitten in der Nacht: Das Verhalten der Bahn nach den Rammarbeiten auf dem Gleisgelände in Untertürkheim wirft Fragen auf. Eine Bürgerinitiative fordert Aufklärung.

Stuttgart - Die nächtlichen Rammarbeiten auf dem Untertürkheimer Gleisgelände, die in der vergangenen Woche große Aufregung in dem Stadtbezirk am Neckar verursacht haben, bleiben kein Einzelfall. Wie das S-21-Kommunikationsbüro am Donnerstag bestätigte, wird es nicht nur, wie bisher angekündigt, Mitte September einen weiteren nächtlichen Einsatz der Ramme geben. Bis Mitte nächsten Jahres werde die Bahn „gut 20 nächtliche Arbeiten vornehmen, bei zehn davon sind unvermeidliche Rammarbeiten vorgesehen“, heißt es. Diese Einsätze beträfen allerdings nur vorbereitende Maßnahmen, die eigentliche Hauptbaumaßnahme mit dem Tunnelvortrieb komme dann noch – und auch während dieser Zeit sei mit „dauerhaften Grenzwertüberschreitungen“ der Lärmwerte zu rechnen.

 

Auf diese Hauptbaumaßnahme beziehe sich auch ein Gutachten zum Baulärm, das Teil des Planfeststellungsbeschlusses ist und das von dem S-21-kritischen Informationsbündnis Zukunft Schiene – Obere Neckarvororte angeführt wird, um die Bahn schon jetzt zu einer Lärmminderung zu veranlassen. In diesem Gutachten ist detailliert dargelegt, dass eine bei den Arbeiten eingesetzte Ramme bis zu 122 Dezibel Lärm entwickelt und von ihrem Einsatz nicht nur die Anwohner der Benzstraße, sondern auch der Augsburger, der Silvretta- und der Stubaier Straße betroffen sein werden. In dem Planfeststellungsbeschluss ist auch ausgeführt. dass ein Gutachter Schallschutzmaßnahmen festlegt, etwa den Einbau von Spezialfenstern. Gefordert wird darin auch ein Arbeitskreis mit Vertretern der Bahn, der Baufirmen und der Interessengemeinschaften, der das Ziel hat, dass die Lärmbelastung so gering wie möglich wird. „Wir werden diese Anforderungen erfüllen“, sagte ein Sprecher des Kommunikationsbüros. Sie bezögen sich aber auf die Hauptarbeiten und nicht auf die bis Mitte nächsten Jahres laufenden vorbereitenden Maßnahmen.

Gut zwei Dutzend bei nächtlicher Protestaktion

Deshalb seien aus seiner Sicht die „formellen Vorgaben und Richtlinien“ von der Bahn erfüllt worden. Man wolle die Bürger aber künftig umfassender informieren. Dazu werde in der nächsten Woche ein Konzept vorgelegt.

Die Arbeiten am Rand des Untertürkheimer Gleisgeländes an der Benzstraße hatten in der vergangenen Woche in der Nacht zum Mittwoch einen bisher wohl einmaligen Vorfall ausgelöst. Durch den „Höllenlärm“ aufgeschreckt, der erstmals um 2 Uhr die Anwohner aus dem Schlaf riss, alarmierten Bewohner nicht nur die Polizei – gut zwei Dutzend machten sich auch auf zur Baustelle, wo sie schließlich erreichten, dass die Rammarbeiten eingestellt wurden. Sie kündigten neuerliche Proteste an, falls es nochmals so laut werden würde. Zudem kritisierten sie, dass nur direkte Anwohner an der Benzstraße informiert waren, nicht aber die Menschen, die weiter weg wohnten.

Zuständig für den Lärmschutz auf den S-21-Baustellen ist nicht die Stadt, sondern das Eisenbahn-Bundesamt als Genehmigungsbehörde, das einen von der Bahn bestellten Beauftragten einsetzt. Er stehe schon jetzt zur Verfügung, so ein S-21-Sprecher. Das bezweifelt – aus eigener Erfahrung – das Informationsbündnis, das keinen Kontakt zu ihm bekam. Zudem stellt es dessen Unabhängigkeit infrage.