An einigen Stellen kann die Bahn bei Stuttgart 21 nicht so bauen, wie sie möchte: Mal fehlen Genehmigungen, mal bremsen Gerichte. Ein Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Am Termin für die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Jahr 2021 halten die Bahnoberen eisern fest. Bei seinem letzten Auftritt in Stuttgart erklärte der zurückgetretene Bahnchef Rüdiger Grube, ein Abweichen von diesem Ziel nähme „das Momentum aus dem Projekt“. Will heißen: Erklärte der Konzern öffentlich, die Durchgangsstation werde später fertig, würden es die Bauunternehmen womöglich langsamer angehen lassen. Doch auch ohne dieses Eingeständnis hinkt der Zeitplan bereits zwei Jahre hinter den Vorgaben her. Ein Jahr glaubt die Bahn durch geänderte Bauabläufe wieder einholen zu können. Dabei gibt es Abschnitte im Projekt, wo sie nicht bauen darf. Ein Überblick.

 

Die Unterquerung des Rosensteinparks:
Für den Umbau des Bahnknotens müssen neue Röhren sowohl für die S-Bahn als auch für den Fern- und Regionalverkehr unter dem Landschaftspark gebaut werden. Doch an der Ehmannstraße, wo sich die verschiedenen Tunnel kreuzen und dafür eine große Grube hätte ausgehoben werden sollen, stehen Bäume, in denen man streng geschützte Arten vermutet. Die Gehölze müssen deshalb stehen bleiben. Statt in einem Loch baut die Bahn daher unter den Bäumen hindurch – wenn sie dies denn genehmigt bekommt, worum sie sich seit März 2016 beim Eisenbahn-Bundesamt (Eba) bemüht. Mitte Dezember hieß es bei der Behörde, die Bahn müsse noch einige offene Fragen klären, dann könne das Eba die Entscheidung „kurzfristig“ treffen. Das ist bislang nicht geschehen. Und auch wenn die Bahn damit beginnen dürfte, sich unter den Rosensteinpark zu graben, ist noch nicht geklärt, wie die Tunnelröhren am Neckarhang unterhalb von Schloss Rosenstein wieder ans Tageslicht kommen können. Denn dort stehen ebenfalls Bäume, die von Arten besiedelt sind, die einen hohen Schutzstatus genießen. Um diese doch fällen zu dürfen, bedarf es einer Ausnahmegenehmigung der Europäischen Union. Laut einem Projektsprecher befindet sich die DB-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm dazu in Gesprächen mit dem Eba, den zuständigen Bundesministerien sowie der EU. Zu Irritationen hatte zuletzt geführt, dass nur wenige Meter neben der geplanten Bahnbaustelle Bäume gefällt wurden. Diese stehen einem Fußgängersteg im Weg, den die Stadt Stuttgart an dieser Stelle über die Stadtbahngleise sowie über die Bundesstraße baut. Das Rathaus verweist auf Gutachter, nach deren Einschätzung die gefällten Bäume noch so jung waren, dass sie als Rückzugsort für die geschützten Käfer nicht infrage kommen.

Der Abstellbahnhof in Untertürkheim: Die Wartungsanlagen der Bahn werden bei Stuttgart 21 vom Rosenstein in den Neckarvorort verlegt. Die Einrichtung zum Reinigen von Zügen bildet einen der mittlerweile acht Abschnitte, in die das Projekt unterteilt ist. Dort wie auch bei der Frage, wie die Gäubahnzüge am Flughafen halten können, fehlt der Bahn noch die grundsätzliche Bauerlaubnis, der sogenannte Planfeststellungsbeschluss. Das Verfahren will die Bahn noch im ersten Quartal 2017 beim Eisenbahn-Bundesamt beantragen. Größte Hürde ist auch in Untertürkheim der Artenschutz. Bis zu 5000 geschützte Eidechsen erwartet die Bahn auf dem Areal und hat ein Konzept entwickelt, wie die Reptilien eingefangen und in Weinberge bei Esslingen übersiedelt werden können. Weil nicht sicher ist, ob diese Idee im Genehmigungsverfahren Bestand hat, prüft die Bahn mittlerweile auch Ausweichquartiere jenseits der Landesgrenze. Insgesamt sind mehr als 200 Flächen auf ihre Tauglichkeit als Ersatzhabitat unter die Lupe genommen worden. Die höhere Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Stuttgart jedenfalls meldet Bedenken an. Die Untertürkheimer Mauereidechsen könnten für die am Esslinger Schenkenberg lebenden Zauneidechsen eine Gefahr darstellen. Die Tiere erfreuen sich nicht nur eines hohen Schutzstatus, sondern mittlerweile auch überregionaler medialer Beachtung. Ende Januar haben sie es in die ARD-Sendung „Hart aber fair“ geschafft.

Der Abschnitt am Flughafen: Selbst dort, wo die Bahn vermeintlich Baurecht hat, muss sie manchmal die Bagger ruhen lassen – so geschehen jüngst auf den Fildern. Um beginnen zu können, wollte die Bahn Bäume fällen, was ihr der Verwaltungsgerichtshof Mannheim einstweilen untersagte. Vor dem höchsten Verwaltungsgericht des Landes ist eine Klage der Schutzgemeinschaft Filder gegen den vom Juli 2016 datierenden Planfeststellungsbeschluss anhängig – verbunden mit einem Eilantrag, die sofortige Vollziehbarkeit der Baugenehmigung aufzuheben. Bis zu einer Entscheidung in der Sache haben die Mannheimer Richter einen Rodungsstopp verhängt. Die Zeit läuft. Gefällt werden darf nur bis Ende Februar und dann erst wieder vom 1. Oktober an. Das nächste Terminproblem zeichnet sich ab.