Der Tunnelbauer Martin Herrenknecht hat in einem Interview die Stuttgarter Feuerwehr als profilierungssüchtig bezeichnet. Die lässt sich das nicht gefallen.

Stuttgart - Martin Herrenknecht ist derzeit ziemlich verärgert. Weil sich der Anstich für den Fildertunnel zwischen dem geplanten Tiefbahnhof und dem Flughafen laut bahninterner Zeitpläne um Monate verzögert, muss der Unternehmer seine fertige Tunnelbohrmaschine zwischenlagern. Das hat Herrenknecht offenbar so in Rage versetzt, dass er sich nun sogar mit den professionellen Brandschützern der Stuttgarter Feuerwehr anlegt.

 

In einem Interview mit der „Badischen Zeitung“ (BZ) Ende November hat der Chef der weltweit agierenden Herrenknecht AG auf die Frage, ob die sich abzeichnenden technischen Probleme, etwa beim Brandschutz, das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 noch ins Wanken bringen könnten, geantwortet: „Das sind Details, alles lösbar. Damit wollen sich bestimmte Gruppen profilieren. Die Stuttgarter Feuerwehr zum Beispiel ist eine sehr auf Profil versessene Gruppe.“ Das hat jetzt den Stuttgarter Branddirektor Frank Knödler auf den Plan gerufen. In einem Brief an die BZ , der unserer Zeitung vorliegt, schreibt Knödler, Herrenknecht habe sich bei seinen Äußerungen „in seiner Wortwahl ganz offensichtlich ein wenig vergriffen“.Knödler stellt in seiner Stellungnahme klar, dass die Stuttgarter Feuerwehr ihre Begutachtung des Brandschutzkonzeptes für den Tiefbahnhof sehr ernst nehme und dabei die Sicherheit der Bürger und Passagiere in den Vordergrund stelle – „nicht mehr und nicht weniger“.

„Nicht auf dem Niveau“

Die Tatsache, dass von den bei der S-21-Schlichtung aufgelisteten 31 Orientierungspunkten zum Brandschutzkonzept 18 bereits abgearbeitet worden seien, dokumentiere, „dass selbst die Bahn AG keine grundsätzlichen Zweifel an der Richtigkeit und Notwendigkeit der entsprechenden Umsetzung dieser Punkte hat“, so Knödler.

Im Übrigen, so Knödler, decke sich die Betrachtung der Stuttgarter Feuerwehr mit den Einschätzungen namhafter Tunnelbausicherheitsexperten. Zum Abschluss seines Schreibens knöpft sich der Branddirektor dann den Firmenchef Martin Herrenknecht persönlich vor: „Die Beweggründe für seine diskreditierenden Äußerungen meine ich aus dem Interview richtig herauszulesen und muss sie deshalb von Herrn Herrenknecht nicht erst erfragen – schon gar nicht auf dem Niveau, das er zu bevorzugen scheint.“ Bei seinem „Blick über den Schwarzwald auf die Feuerwehr Stuttgart und ihre Rolle in dem auch für die Landeshauptstadt bedeutungsvollen Projekt Stuttgart 21“ habe Herrenknecht eine klare und unvoreingenommene Sicht der Dinge vermissen lassen.

Mängel durch erhebliche Veränderungen an der Architektur

Hintergrund der Auseinandersetzung zwischen dem Branddirektor und dem Tunnelbauer ist die Expertise der von der Bahn selbst beauftragten Schweizer Gruner AG, die das bisherige Brandschutzkonzept für die unterirdische Durchgangsstation einer kritischen Prüfung unterzogen hatte – und zu einem eindeutigen Urteil gelangte. Das Konzept sei in seiner vorliegenden Form „nicht genehmigungsfähig“, so die Experten.

Die Fluchtwege für den Ernstfall seien zu lang und zu schmal, das Entrauchungskonzept für die Bahnhofshalle sei nicht ausreichend. Bei einem Zugbrand würden im Ernstfall Menschenleben gefährdet, weil die Halle nicht schnell evakuiert werden könnte und die Fahrgäste giftige Dämpfe einatmen müssten. Die Gutachter kamen zu dem Schluss, dass die Mängel durch teilweise erhebliche Veränderungen an der Architektur des Bahnhofs behoben werden könnten. Die Bahn hat unterdessen zwei Varianten ausgearbeitet: Sie enthalten unter anderem den Einbau von weiteren acht Treppenhäusern oder alternativ den Einbau einer noch nicht erprobten Wassersprühnebelanlage.