Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof hat das Bürgerbegehren gegen die Mischfinanzierung von Stuttgart 21 (hier der damalige OB Schuster mit den Unterschriftenordnern) für unzulässig erklärt.

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart hat das Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 zu Recht nicht zugelassen. Das hat der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim in einem am Montag veröffentlichten Urteil entschieden und damit den erstinstanzlichen Spruch des Verwaltungsgerichts Stuttgart bestätigt. Die Stadt habe das Bürgerbegehren nicht zulassen dürfen, weil es auf ein rechtswidriges Ziel ausgerichtet sei, nämlich darauf, dass die Stadt aus dem Finanzierungsvertrag über Stuttgart 21 aussteige. Die Stadt könne sich nicht wie von den Initiatoren behauptet darauf berufen, dass die Finanzierungsbeiträge der Stadt und des Landes Baden-Württemberg verfassungswidrig seien, so die obersten Verwaltungsrichter Baden-Württembergs. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat der 1. Senat unter Leitung des VGH-Präsidenten Volker Ellenberger allerdings die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Die Kläger um die Anwälte Bernhard Ludwig, Hans-Georg Kluge und Eisenhart von Loeper, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S 21, haben in der mündlichen Verhandlung am 21. April bereits angekündigt, dass sie auf jeden Fall Rechtsmittel einlegen werden.

 

Im Kern gehe es um die Frage, ob die Mischfinanzierung bei Stuttgart 21 verfassungskonform sei, hatte Ellenberger bei der mehrstündigen, in sehr sachlicher Atmosphäre abgelaufenen Verhandlung vor zwei Wochen gesagt. Für den 1. Senat ist die Beteiligung der Stadt mit dem Artikel 104 a, Absatz 1, des Grundgesetzes vereinbar, der lautet: „Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.“ Das darin verankerte Konnexitätsprinzip verbiete zwar, dass Länder und Gemeinden Aufgaben mitfinanzierten, die allein in die Zuständigkeit des Bundes fallen würden – und umgekehrt. So dürfe ein Hoheitsträger kein Geld geben, wenn es um die alleinige Aufgabe eines anderen Hoheitssträgers gehe. Nicht verboten sei aber, dass Bund, Länder und Gemeinden bei der Wahrnehmung jeweils eigener Aufgaben in einem Projekt zusammenarbeiteten. „Solche ,Mit-Finanzierungen’ sind zulässig, wenn sich die Zuständigkeiten bei einem Projekt überschneiden, also jeder Hoheitsträger eigene Aufgaben erfüllt“, erklären die Verwaltungsrichter.

Für die Richter ist S 21 ein Verkehrs– und Städtebauprojekt

Diesen Grundsatz sieht der 1. Senat bei Stuttgart 21 bezüglich der Stadt erfüllt. „Die finanzielle Beteiligung ist aufgrund ihrer kommunalen Zuständigkeit für die städtebauliche Entwicklung gerechtfertigt“, urteilen die Richter. Schließlich wolle die Stadt 100 Hekar bisheriger Bahnflächen in bester innerstädtischer Lage entwickeln. Den von den Klägern vorgebrachten „Kollateralnutzen“, also dass die Stadt ohne eigenes Zutun von den Plänen profitiere, weisen die Richter zurück: „Vielmehr handelt es sich um ein Verkehrs- und Städtebauprojekt, bei dem sich die Aufgaben verschiedener Hoheitsträger mit Finanzierungskompetenzen überschneiden.“

Der Senat hält nicht nur eine städtische Mitfinanzierung für zulässig, sondern auch deren Höhe für angemessen. In die Rechnung beziehen die Richter die Finanzierungs- und Risikobeteiligung von 291 Millionen Euro sowie den Zinsverzicht von 212 Millionen Euro ein. Den von der Klägerseite weithaus höher angegebenen Zinsverlust von knapp einer halben Milliarde Euro halten die Richter für nicht korrekt, auch der Kaufpreis, das Altlastenrisiko und die Beteiligungen des Flughafens und der Region gehörten nicht zum Finanzierungsanteil der Stadt. „Die finanziellen Verpflichtungen der Stadt beruhen auf einer vertretbaren Bewertung des städtebaulichen Interesses an Stuttgart 21“, erklären die Richter im Urteil. (Aktenzeichen 1 S 1949/13).