Das Statistische Amt der Stadt hat eine kleinteilige Analyse zur Volksabstimmung vorgelegt. Diese wartet mit teils überraschenden Ergebnissen auf.

Regio Desk: Achim Wörner (wö)

Stuttgart - Die erste Volksabstimmung in Baden-Württemberg zu einer Sachfrage ist am 27. November ein erfolgreiches Demokratieexperiment gewesen. Darin sind sich die politischen Entscheidungsträger in Land und Stadt einig, unabhängig davon, wie sie zu dem Projekt Stuttgart 21 stehen. Nur wenige Wochen danach hat nun Thomas Schwarz, der Leiter des Statistischen Amtes der Stadt Stuttgart, eine eingehende Analyse des Urnengangs vorgelegt – und er wartet mit teils überraschenden Erkenntnissen auf.

 

So zeigt die Detailauswertung bei der Frage nach Stuttgart 21 unter anderem eine „starke parteipolitische Überlagerung“, wie Schwarz schreibt. Bisher waren Beobachter davon ausgegangen, dass die Bürger über die Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart eher unabhängig von ihrer parteipolitischen Präferenz urteilen.

Soll die Landesregierung bei den vertraglichen Vereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 Kündigungsrechte wahrnehmen? Das war die Frage bei der Volksabstimmung, die in der Schwabenmetropole 47,1 Prozent der Stimmberechtigten mit „Ja“ und 52,9 Prozent mit „Nein“ beantwortet haben. Die Beteiligung war mit 67,8 Prozent so hoch, wie in der Regel nur bei Bundestagswahlen, konstatiert Schwarz.

Der Wahlexperte hat freilich nicht nur die Ergebnisse in den einzelnen Stuttgarter Stadtbezirken unter die Lupe genommen, sondern sich bei seiner Auswertung auf Ebene der 349 sogenannten Stimmbezirke bewegt. Dabei zeigt sich, dass der neue Tiefbahnhof vor allem in den Grünen-Hochburgen auf starke Ablehnung stößt, während in den Hochburgen der CDU, aber auch der SPD deutliche Mehrheiten für eine Fortsetzung von Stuttgart 21 votierten – just entsprechend den grundlegenden Positionen ebendieser Parteien in der Frage Stuttgart 21.

Zudem zeigen sich bei der kleinräumigen Analyse auch „Schwerpunkte des sublokalen Projektprotestes“, wie Schwarz befindet – und zwar immer dort, wo im Blick auf den Trassenverlauf oder Tunnelbaumaßnahmen besondere Betroffenheiten bestehen. Zwar wurde in allen inneren Stadtbezirken mit Ausnahme von Stuttgart-Nord mehrheitlich ein „Ja“ angekreuzt und in allen 18 äußeren Stadtbezirken mehrheitlich ein „Nein“. Im Bereich des südlichen Plieningen, aber ebenso wie beispielsweise in Teilen von Degerloch, von Feuerbach und Bad Cannstatt stimmte das Gros der Bürger gegen Stuttgart 21.

Weniger überraschend ist für den Amtsleiter der Ausgang der Volksabstimmung insgesamt. Schon bei der Bürgerumfrage, die von April bis Juni 2011 vom Statistischen Amt erhoben worden war, habe sich eine Trendwende im Meinungsbild der Stuttgarterinnen und Stuttgarter abgezeichnet. Hätten 2009 noch 16 Prozent der Befragten eine „schlechte Meinung“ und 31 Prozent eine „sehr schlechte Meinung“ gehabt, so seien diese Werte in der Expertise vom Frühsommer diesen Jahres auf 14 beziehungsweise 20 Prozent zurückgegangen. Zugleich hätten sich die Anteile der Befragten, die eine „sehr gute Meinung“ haben von 13 auf 25 Prozent und die, die eine „gute Meinung“ haben von 16 auf 19 Prozent erhöht. Eine Erkenntnis hat der Statistiker aber auch gewonnen: Frauen stehen Stuttgart 21 deutlich kritischer gegenüber als Männer. Und das dürfte auch nach der Volksabstimmung noch gelten.

StudieDie rund 40 Seiten umfassende Analyse kann für vier Euro bezogen werden über das Statistische Amt der Stadt, Eberhardstraße 39, 70173 Stuttgart; Telefon 0711/216-98 587; E-Mail: poststelle.12@stuttgart.de.