Die Reste der Holzbrücke, die 1977 zur Bundesgartenschau entstand, werden abgebaut – Pfeiler der neuen Eisenbahnbrücke für Stuttgart 21 wachsen derweil am Westufer des Neckars empor. Für Radfahrer und Fußgänger bleibt es aber noch eine ganze Weile bei den Umwegen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Später als angekündigt wird die Bahn den Holzsteg über den Neckar in Bad Cannstatt abbauen. Der ursprüngliche Zeitplan sah vor, die zur Bundesgartenschau 1977 entstandene Brücke bis zum dritten Quartal 2016 abgebaut zu haben. Die letzten Reste der überdachten Flussquerung verschwinden aber erst kommendes Wochenende.

 

Sebastian Heer, bei der Bahn für diesen Abschnitt von Stuttgart 21 zuständiger Teamleiter, erklärt die Verschiebung mit einem weniger aufwendigeren Verfahren, für das sich die Bahn nach nochmaliger Prüfung ihrer Pläne entschieden hat. Statt zweier großer Kräne, die beidseits des Neckars postiert die Brücke anheben, soll der Steg nun auf Lastkähne abgesenkt werden. Die Vorbereitungen für die Arbeiten laufen bereits. Dabei bringen Arbeiter unter der Brücke schwere Stahlträger an, auf denen die Reste des Stegs Richtung Wasser abgelassen werden. Ein erster Teil der Brücke war bereits im Juli demontiert worden. Kritiker monieren, dass seit damals die Wege für Fußgänger und Radfahrer vom Rosensteinpark nach Bad Cannstatt und umgekehrt deutlich länger geworden sind.

Neue Brücke wird stückweise über den Neckar geschoben

Das wird auch noch bis 2019 so bleiben. Dann soll die neue Bahnbrücke über den Neckar fertig sein – und unter ihr hängend eine neue Querung für Radfahrer und Fußgänger. Von der neuen Brücke kündet derzeit lediglich auf der Westseite des Flusses eine erste Reihe von drei Brückenpfeilern, die inmitten des Verkehrsgetöses der B 10 in den Himmel gewachsen sind. Sie haben bereits ihre endgültige Höhe erreicht. Derzeit arbeiten einige Meter weiter Richtung Rosensteinpark Bauarbeiter an den Fundamenten einer weiteren Pfeilerreihe. Direkt am Neckarufer neben den dort aufgestapelten Containern mit den Baubüros entsteht bis Mitte nächsten Jahres eine temporäre Montagehalle. In der werden die tonnenschweren Einzelteile der neuen Brücke, die in der Zentrale des Bauunternehmens Max Bögl in Neumarkt in der Oberpfalz entstanden sind, miteinander verbunden und dann nach und nach Richtung Ostufer über den Fluss geschoben.

Zwei Baustellen auf engem Raum

Die neue Neckarbrücke, die nach Plänen des Stuttgarter Ingenieurbüros Schlaich, Bergermann und Partner entsteht, ist einer von zwei Stuttgart-21-Abschnitten, bei dem die Bahn ein Computerprogramm einsetzt, das den Bauablauf simuliert und damit beim Planen hilft. In das sogenannte Building Information Modeling (BIM) fließen aber nicht nur die Daten der Bahn ein. Denn just da, wo die Pfeilerreihen für die Brücke entstehen, taucht auch der von der Stadt gebaute B-10-Rosensteintunnel wieder auf. Und der Abgleich der Daten hat sich aus Sicht von Heer schon bezahlt gemacht. Die Brückenkonstruktionen der Bahn sind in kleinen Details geändert worden, damit die Wände des Straßentunneltrogs einfacher gebaut werden können. Was als Nächstes auf der Baustelle ansteht oder wie sich die Brücke in die Umgebung einfügt: Ein paar Wischbewegung über den Tablet-PC – und Sebastian Heer kann 3-D-Ansichten zeigen, statt langwierig gezeichnete Pläne zu erklären. Doch die bunten Bildchen sind weit mehr als eine Erklärhilfe: Das System helfe natürlich auch dabei, die beiden benachbarten Baustellen für den Straßentunnel und die Eisenbahnbrücke aufeinander abzustimmen, betont Heer.

Direkt am Neckarufer haben die Brückenbauer mit Steinen gefüllte Drahtkörbe, sogenannte Gabionen, versenkt. Die bilden die Begrenzung einer weiteren Baugrube zum Fluss hin. Diese wird bis einen halben Meter unter den Neckarspiegel ausgehoben – und läuft natürlich mit Flusswasser voll. In dieser überdimensionalen Badewanne werden dann weiter Brückenfundamente unter Wasser betoniert. Diese Arbeiten beginnen zu können sei wichtig für den Gesamtablauf gewesen. Daher habe man an dieser Stelle auch mit der Demontage des Holzstegs begonnen. Dort wo die Reste der Brücke noch stehen, hatte es die Bahn nicht ganz so eilig.

Alte Holzbrücke kann nicht wiederverwendet werden

Doch die Tage für die Überbleibsel sind gezählt. Am Sonntag wird die Neckarschifffahrt an dieser Stelle für einige Stunden gesperrt. Irgendwann zwischen 16 und 18 Uhr an diesem Tag, so schätzt Heer, werde der Steg dann auf den Lastkähnen liegen und ans Ufer geschleppt. Dort warten die Sägen. Weiterverwendet kann das dunkle Holz nicht werden. Laut Heer gilt das als „gefährlicher Abfall“. Die an der Brücke eingesetzten Holzschutzmittel sind dafür verantwortlich.