Der neue Vereinschef Georg Brunnhuber sieht sich von der Last der Baustellenkommunikation bei Stuttgart 21 befreit. Doch die Mitglieder wollen auf die Kostenbremse treten.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Manches erledigt sich scheinbar von selbst. „Das Projekt braucht keinen Sprecher mehr. Es spricht nun für sich selbst“, sagt Georg Brunnhuber am Freitag im Turm des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Am Mittwochabend hatte die Mitgliederversammlung des Vereins „Bahnprojekt Stuttgart–Ulm“ den 66-Jährigen zum neuen Vorsitzenden gewählt – und gleichzeitig die Absicht erklärt, die Vereinssatzung dahingehend zu ändern, dass der Vorsitzende nicht auch der Sprecher des Projekts ist. Bei Brunnhubers Vorgänger Wolfgang Dietrich hatte es dieses Junktim noch gegeben. Dem ausgeschiedenen Sprecher attestiert der Nachfolger„eine enorme Leistung vollbracht“ sowie „Transparenz und Offenheit bei dem Projekt geschaffen“ zu haben. Es gebe kein Projekt, das so intensiv in der Öffentlichkeit erklärt worden sei.

 

Dritthöchste Besucherzahlen im Turmforum

Dieses Erklären gehört nur noch in Teilen zu Brunnhubers neuen Aufgaben. Die Baustellenkommunikation soll zur bahneigenen Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU) abwandern. Wie das im einzelnen vonstatten geht, stehe allerdings noch nicht fest. Auch wenn Brunnhuber für sich feststellt, dass „die Arbeit des Vereinsvorsitzenden dadurch erheblich einfacher geworden ist“, sieht er noch ausreichend Betätigungsfelder. An erster Stelle nennt der Bauingenieur den Betrieb des Turmforums, in das allein im vergangenen Jahr 230 000 Besucher gekommen seien. „Damit haben wir nach dem Mercedes- und dem Porschemuseum die dritthöchsten Besucherzahlen“, sagt er.

Die Bewältigung der Aufgaben kostet Geld. Vom Land, das seit 2011 seine Mitgliedschaft im Verein ruhen ließ und nun unter der Prämisse einer Satzungsänderung, aber vor allem einer moderateren Tonalität in der Kommunikation wieder in den Kreis der Mitglieder zurückgekehrt ist, kann der Verein wohl keine Reichtümer erwarten. Die finanzielle Beteiligung könne sich allenfalls in der Dimension des städtischen Obolus belaufen, ließ das Verkehrsministerium dieser Tage verlauten. Das Rathaus gibt jährlich 300 000 Euro. Das Land wünscht sich aber perspektivisch eher sinkende Ausgaben. Eine Forderung, der sich Brunnhuber nicht verschließen mag, gleichwohl aber einen Abbau im Personalbereich ebenso ausschließt wie er die Notwendigkeit unterstreicht, mit zunehmender Bauaktivität auch die Information der Bürger zu intensivieren: „Wir müssen in der Zukunft noch sparsamer wirtschaften“. Für 2015 kalkuliert der Vorsitzende mit einem vergleichbaren Budget wie in den Vorjahren, von 2016 könnten aber wohl die Aushaben sinken, sagt er.

Kurzer Draht zum Landesverkehrsminister

Viel wichtiger als Geld aus der Landeskasse findet Brunnhuber ohnehin das Signal, dass das vom projektkritischen Winfried Hermann geführte Ministerium wieder einen Teilnehmer zu den Vereinssitzungen entsendet und dass er bei seiner Wahl auch dessen Stimme bekommen habe. „Ich nehme wahr, dass die Realität auch beim Minister Spuren hinterlässt“, sagt der CDU-Mann, der den Minister der Grünen aus gemeinsamen Tagen im Verkehrsausschuss des Bundestages kennt. Auch wenn man sich „politisch diametral gegenüber steht, so haben wir uns nie darüber zerstritten“, umreißt Brunnhuber das Verhältnis zu seinem Duz-Freund Hermann.

Mit drei Bahnvertretern – einer davon ist Brunnhuber, der beim Staatskonzern weiterhin angestellt ist – und je einem Vertreter von Land, Region und Stadt ist der neue Vorstand des Vereins paritätisch besetzt. „Das lässt den Verein freier agieren“, sagt er – und schließt nicht aus, sich auch mal kritisch gegenüber den Projektbauern zu positionieren. Brunnhuber will aber nicht mit einer Kampfansage ins Amt starten sondern unterstreicht, dass er sich darauf freue, satzungsgemäß die Bürger „mit den Vorteilen des Projekts vertraut zu machen“.