Heiner Geißler spricht sich für das Projekt Stuttgart 21 aus. Allerdings knüpft er sein Urteil an einige Bedingungen.

Stuttgart – Der Schlichter hat gesprochen – und er hat sich Zeit genommen für seine Entscheidung. Zur Mittagszeit wollte Heiner Geißler ursprünglich den Schlichterspruch verkünden. Knapp vier Stunden später hat er sein Büro verlassen und kehrte am späten Dienstagnachmittag in einer Traube etlicher Kamerateams und Fotografen in den Sitzungssaal des Rathauses zurück.

Sein Fazit: der Bau des Tiefbahnhofs soll fortgesetzt werden. "Für Stuttgart 21 gibt es eine Baugenehmigung", sagte Geißler in seiner Abschlussrede, "die rechtliche Situation scheint mir eindeutig". Man könne aus dem Projekt nur aussteigen, wenn die Deutsche Bahn freiwillig auf den Bau verzichte. Zudem sei ein Abbruch des Bahnprojekts Stuttgart 21 zu teuer. "Bei einem Ausstieg entstünden den Projektträgern hohe Kosten", sagte der Schlichter. Die Kosten würden nach Angaben der Gegner 600 Millionen Euro, nach Angaben der Bahn 2,8 Milliarden Euro betragen. Die Idee eines erneuerten Kopfbahnhofs sei zwar technisch möglich und umsetzbar. Die Realisierung könne aber "nicht als gesichert angenommen werden".

Heiner Geißler knüpfte jedoch Bedingungen an den Weiterbau des Tiefbahnhofs. Er legte den Befürwortern eine Liste mit mehrere Punkten vor, die berücksichtigt werden sollen. Geißler forderte, dass die Grundstücke auf der frei werdenden Gleisfläche "den Grundstücksspekulation entzogen" werden und dass der Platz ökologisch und familienfreundlich bebaut werde. Die Frischluftschneise solle erhalten bleiben. Zu den Fällarbeiten im Park sagte Geißler: "Die Bäume im Schlossgarten bleiben erhalten." Im Zweifel sollen Bäume, die weichen müssen, verpflanzt werden.

Proteste im Rathaus


Ein Baustopp bis zur Landtagswahl sei abgelehnt worden, sagte Geißler. Aufgrund möglicher weiterer Proteste empfahl Geißler, die Schlichtungsgespräche in einem ähnlichen Rahmen fortzusetzen. "Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei."

Noch während Heiner Geißler seinen Schlichtungsspruch verkündete, formierten sich einige Stuttgart-21-Gegner im Treppenhaus, die zuvor einen Stock tiefer die Übertragung der Gespräche verfolgt hatten. Mit Pfiffen und "Oben bleiben"-Rufen bekundeten die Gegner ihren Unmut über die Entscheidung.

Ministerpräsident Stefan Mappus und Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (beide CDU) zeigten sich erleichtert. "Es ist ein guter Tag für Baden-Württemberg", sagte Mappus. Er verspreche, die geforderten Nachbesserungen transparent abzuarbeiten. Gönner erklärte, sie freue sich darüber, dass Geißler sich "so klar für den Weiterbau" ausgesprochen habe. Allerdings will die Bahn die Bauarbeiten nicht unmittelbar wieder aufnehmen. Der Bahn-Techikvorstand Volker Kefer sagte: "Die Bagger werden nicht gleich wieder rollen."

Grüne und SPD kritisieren das Urteil


Bei der Landtags-SPD stieß das Urteil auf Kritik. "Es ist unverständlich, dass Geißler bei Stuttgart 21 einen Volksentscheid ablehnt, obwohl er eigentlich mehr Bürgerbeteiligung bei Großprojekten fordert", sagte Vizefraktionschef Nils Schmid. Der Schauspieler und Projektgegner Walter Sittler hofft trotz der klaren Worte des Schlichters auf eine Alternative zu Stuttgart 21. "Ich erwarte, dass die Bahn ihre gesamte Planung noch einmal überarbeitet und dann merkt, dass die Kosten für das Projekt einfach zu hoch sein werden", sagte Sittler.

Der Grünen-Fraktionschef des Gemeinderats, Werner Wölfle, hielt auch nach der Schlichtung an der Idee des Kopfbahnhofs fest. Er sagte: "Die einzige Chance für K21 ist, die Landesregierung abzuwählen." Brigitte Dahlbender, die Vorstitzende des BUND in Baden-Württemberg, schloss sich diesem Urteil an. "Wir haben es in der Schlichtung geschafft, K 21 als das bessere Projekt herauszustellen. Wir bedauern, dass die Angst der Befürworter vor einem Baustopp diese dazu bewogen hat, bei S 21 zu bleiben", sagte Dahlbender.



Die Forderungen des Schlichters:


1. Die Bahn soll eine Computersimulation zu Stuttgart 21 durchführen, um Engpässe des Bahnhofs zu verdeutlichen.

2. Alle Bäume im Schlossgarten sollen erhalten bleiben. Nur die Bäume, die ohnehin absterben werden, dürften gefällt werden.

3. Der geplante Tiefbahnhof soll um zwei weitere Gleise ergänzt werden. Bisher sind acht Gleise vorgesehen.

4. Die frei werdenden Grundstücke auf dem Gleisvorfeld sollen ohne den Einfluss von Spekulanten geplant werden.

5. Eine Frischluftschneise soll beibehalten werden.

6. Bei der Nutzung der Flächen soll die Familien-, Behinderten- und Kinderfreundlichkeit beachtet werden.