Die Stellungnahme des Verbands Region Stuttgart, der die Stadt Stuttgart und 178 Kommunen aus den Kreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr vertritt, ist von der Geschäftsstelle formuliert worden. Die Gremien der Regionalversammlung können sich erst nach der Sommerpause im September damit befassen. Die Region Stuttgart ist Projektpartner bei S 21 und übernimmt einen Kostenanteil von 100 Millionen Euro, der mit den umstrittenen Vorteilen im Nah- und S-Bahnverkehr begründet wird. Dafür gab es seitens CDU, SPD, Freien Wählern und FDP immer eine klare Mehrheit. In seiner Stellungnahme weist der Verband laut der Regionaldirektorin Jeannette Wopperer darauf hin, dass "das S-21-Kündigungsgesetz ins Leere läuft".

 

Der Gesetzentwurf suggeriere, dass Kündigungsrechte bei den vertraglichen Vereinbarungen mit finanziellen Verpflichtungen des Landes Baden-Württemberg bestehen würden. "Bei genauer Betrachtung ergeben sich jedoch weder im Hinblick auf die behauptete Überschreitung der Kostenobergrenzen noch im Hinblick auf verkehrliche Gründe noch über das Argument des Entzugs der demokratischen Legitimation konkrete Kündigungsrechte". So enthalte der Finanzierungsvertrag keine Kündigungsmöglichkeit. Auch könne nicht mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage argumentiert werden, wie es in der Begründung des Gesetzentwurfs heiße. Im Fall einer Kostenüberschreitung sehe der Vertrag nämlich vor, dass zunächst darüber gesprochen werde. Ein Kündigungsrecht könne ebenso wenig als Einzelfall konstruiert werden. "Der Zweck des Gesetzes kann nicht erreicht werden", urteilt der Verband.

Die BahnAG ist Bauherrin bei Stuttgart21 - und erachtet das vorgelegte Gesetz schlicht als "gegenstandslos".

Projekt verstößt gegen Projektförderungspflicht

Die Finanzierungsverträge seien seit Ende 2009 nicht mehr ordentlich kündbar. Auch dass die grün-rote Landesregierung auf eine außerordentliche Kündigung abzielt, weil seit Abschluss der Verträge die Geschäftsgrundlage entfallen sei, beeindruckt den Schienenkonzern nicht. Die Landesregierung versuche Kündigungsmöglichkeiten zu konstruieren, in dem sie unter anderem behaupte, die Kostenobergrenze werde sehr wahrscheinlich überschritten, niemand wäre in diesem Fall bereit, die Mehrkosten zu tragen und damit sei die Finanzierung und die Realisierung des Projekts nicht mehr gewährleistet.

Der Entwurf nenne gar nicht, welche "Vereinbarungen mit finanziellen Verpflichtungen" gekündigt werden sollen. Nur aus der Begründung lasse sich erahnen, dass es um die Finanzierung des Tiefbahnhofes geht. In den einschlägigen Verträgen werde aber auch die Beteiligung des Landes an der Neubaustrecke nach Ulm geregelt. Der Gesetzestext erfülle also nicht den Grundsatz der Normenklarheit.

In der Begründung für das Gesetz wird auf das Demokratieprinzip abgehoben. Die politische Einschätzung zu dem Projekt habe sich verändert, darum müsse sich das Land daraus zurückziehen. Diese Argumentation trage nicht, so die kommunalen Vertreter. Nach wie vor sei die parlamentarische Mehrheit im Landtag für Stuttgart 21. Jüngsten Meinungsumfragen zufolge gelte das auch für die Mehrheit der Bevölkerung.

Schuster bezieht klar Position

Unzureichend seien die Ausführungen zu möglichem Schadenersatz. Es stünden finanzielle Forderungen in Größenordnungen im Raum, "die gegenüber der Bürgerschaft und den Gemeinden, Städten und Kreisen benannt werden müssen". Die Regierung verweist nur auf eine gerichtliche Klärung; sie müsse die Rechtsfolgen ihres Tuns aber sorgfältiger abschätzen. Das Gesetz bewusst scheitern zu lassen, um eine Volksabstimmung herbeizuführen, sei geeignet, das Vertrauen der Bürger "sowohl in die Politik als auch in das verfassungsrechtlich verankerte Grundprinzip der repräsentativen Demokratie als Eckpfeiler unseres Staates zu erschüttern".

Die Stadt Stuttgart, Partnerin bei Stuttgart21, hat klar Position bezogen. Volksabstimmungen seien zwar ein "gutes Instrument der Demokratie", so Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU), "aber bitte nur über rechtmäßige Gesetze". Bereits damit macht der Rathauschef deutlich, für wie fragwürdig er den konkreten Vorschlag der grün-roten Landesregierung erachtet. "Es dürfte in der Rechtsgeschichte unseres Landes ein einmaliger Vorgang sein, dass eine Regierung ein - nach Einschätzung der Landeshauptstadt - rechtswidriges Gesetz vorlegt, um es dann nicht zu erlassen und damit den Weg zu einer Volksabstimmung frei zu machen, die ebenfalls für sich grundlegenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet", sagt er.

Zudem ist sich der OB sicher, dass weder ein vertragliches Kündigungsrecht für die Finanzierungsverträge besteht noch die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorliegen. Infolgedessen: "Ein vertragswidriger Ausstieg durch das Land führt zu drastischem Schadenersatz, der an die Bahn zu zahlen ist", sagt Schuster. Die Bahn komme im Moment auf rund 1,5Milliarden Euro, Tendenz weiter steigend. Auch die Stadt selbst wäre verpflichtet, Schadenersatz für die jahrelangen Planungsaufwendungen und die Rückabwicklung der Grundstücksgeschäfte auf dem Gleisvorfeld geltend zu machen, wie der Rathauschef betont. Angesichts "dramatischer Kosten" für den Ausstieg "hätte es sich gehört, dass die Landesregierung im Gesetzentwurf darauf hinweist, dass wir Bürger diese riesigen Summen bezahlen müssen - dafür, dass marode Gleisfelder und ein sanierungsbedürftiger Hauptbahnhof bleiben."

Bahn AG erachtet das vorgelegte Gesetz als "gegenstandslos"

Die Stellungnahme des Verbands Region Stuttgart, der die Stadt Stuttgart und 178 Kommunen aus den Kreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr vertritt, ist von der Geschäftsstelle formuliert worden. Die Gremien der Regionalversammlung können sich erst nach der Sommerpause im September damit befassen. Die Region Stuttgart ist Projektpartner bei S 21 und übernimmt einen Kostenanteil von 100 Millionen Euro, der mit den umstrittenen Vorteilen im Nah- und S-Bahnverkehr begründet wird. Dafür gab es seitens CDU, SPD, Freien Wählern und FDP immer eine klare Mehrheit. In seiner Stellungnahme weist der Verband laut der Regionaldirektorin Jeannette Wopperer darauf hin, dass "das S-21-Kündigungsgesetz ins Leere läuft".

Der Gesetzentwurf suggeriere, dass Kündigungsrechte bei den vertraglichen Vereinbarungen mit finanziellen Verpflichtungen des Landes Baden-Württemberg bestehen würden. "Bei genauer Betrachtung ergeben sich jedoch weder im Hinblick auf die behauptete Überschreitung der Kostenobergrenzen noch im Hinblick auf verkehrliche Gründe noch über das Argument des Entzugs der demokratischen Legitimation konkrete Kündigungsrechte". So enthalte der Finanzierungsvertrag keine Kündigungsmöglichkeit. Auch könne nicht mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage argumentiert werden, wie es in der Begründung des Gesetzentwurfs heiße. Im Fall einer Kostenüberschreitung sehe der Vertrag nämlich vor, dass zunächst darüber gesprochen werde. Ein Kündigungsrecht könne ebenso wenig als Einzelfall konstruiert werden. "Der Zweck des Gesetzes kann nicht erreicht werden", urteilt der Verband.

Die BahnAG ist Bauherrin bei Stuttgart21 - und erachtet das vorgelegte Gesetz schlicht als "gegenstandslos".

Projekt verstößt gegen Projektförderungspflicht

Die Finanzierungsverträge seien seit Ende 2009 nicht mehr ordentlich kündbar. Auch dass die grün-rote Landesregierung auf eine außerordentliche Kündigung abzielt, weil seit Abschluss der Verträge die Geschäftsgrundlage entfallen sei, beeindruckt den Schienenkonzern nicht. Die Landesregierung versuche Kündigungsmöglichkeiten zu konstruieren, in dem sie unter anderem behaupte, die Kostenobergrenze werde sehr wahrscheinlich überschritten, niemand wäre in diesem Fall bereit, die Mehrkosten zu tragen und damit sei die Finanzierung und die Realisierung des Projekts nicht mehr gewährleistet.

Eben diese Argumentationskette aber "hält weder einer rechtlichen noch einer tatsächlichen Untersuchung stand", wie die Bahn betont. So sei die Kostenüberschreitung eine "reine Vermutung". Insofern entbehre bereits der erste und für die weitere Argumentation der Landesregierung zentrale Punkt der Grundlage. Selbst wenn eine Kostensteigerung feststünde, für die es bis jetzt keine Anhaltspunkte gebe, sähen die Verträge Verhandlungen der Partner vor. Diese könne das Land vertraglich nicht von vornherein verweigern.

Im Übrigen seien auch schwere Nachteile für das Gemeinwohl, die ein außerordentliches Kündigungsrecht begründeten, "nicht ersichtlich". Unabhängig davon begründe auch die Tatsache, dass seit März eine neue Landesregierung amtiere, kein Sonderkündigungsrecht. Ganz generell verstoße das Gesetz gegen die in den Verträgen festgelegte Projektförderungspflicht.

Bei Planung von Schienenprojekten sollen Bürger frühzeitig einbezogen werden

Der unabhängige Fahrgastverband Pro Bahn hält den Gesetzentwurf "für verkehrspolitisch überzeugend, rechtlich zulässig", regt aber aus der aktuellen Situation heraus Änderungen an: Der Verband möchte den Kompromissvorschlag von Heiner Geißler, die Kopf-Tief-Kombilösung berücksichtigt wissen. "Wir bitten um Prüfung, ob das Gesetz nicht um die Ausübung von Rücktrittsrechten erweitert werden könnte", schreibt Pro Bahn; "damit könnte die Landesregierung flexibler reagieren." So könnte "ein klarer Rahmen" geschaffen werden, um den Vorschlag des Schlichters umzusetzen. Der Text sei bis jetzt "zu eng auf das Kündigungsrecht fixiert".

"Rechtlich der sicherere Weg wäre es, auch ein Rücktrittsrecht aufzunehmen", glaubt der Verband Pro Bahn. "Die verfahrene Situation in der Landeshauptstadt könnte mit dem Geißler-Vorschlag gelöst werden", glaubt Pro Bahn. "Zur Beschleunigung wäre ein gesetzlicher Auftrag an die Regierung hilfreich."

Im Grundsatz ist der Fahrgastverband freilich im Konsens mit Grün-Rot: "Die verkehrspolitischen Überlegungen der Landesregierung teilt Pro Bahn Baden-Württemberg", heißt es in der Stellungnahme. "In der Gesetzesbegründung sind alle wesentlichen Argumente genannt." Man bittet den Gesetzgeber freilich, "die rasche Realisierung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm im Auge zu behalten". Man sei sich bewusst, dass jeder Ausbau der Infrastruktur für die Bahn die Interessen von Bürgern berühre. Darum befürwortet der Fahrgastverband, "dass bei der Planung von Schienenprojekten die Bevölkerung frühzeitig einbezogen wird".

Der VCD plädiert dafür, den Geißler-Kompromiss aufzuwerten

Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) "teilt die Bedenken zu Stuttgart 21 bei der Gesetzesbegründung ", sieht den "darauf aufbauenden Gesetzesvorschlag jedoch abweichend" und präsentiert eine eigene neue Formulierung. Der VCD befürchtet, dass "die notwendige Zustimmung beim geplanten Volksentscheid nicht erzielt" wird. Die Regierung begründet das Vorhaben, aus den Finanzierungsverträgen auszusteigen, zum Teil auch damit, dass die Kostengrenzen nicht eingehalten werden könnten. Wenn bei der Volksabstimmung das vom VCD erwartete Ergebnis herauskommt, bedeute das aber, "dass eine Mehrheit der Bürger in Baden-Württemberg die Umsetzung von Stuttgart 21 trotz der in der Gesetzesbegründung beschriebenen Kostenproblematik möchte".

Dann könne das Land die im Koalitionsvertrag von Grün und Rot festgezurrte Kostenobergrenze von 4,5 Milliarden Euro nicht mehr vertreten, "da der Bau politischer Wille ist". Das Land hätte sich dann auch an den Mehrkosten "in großem Umfang zu beteiligen". Vertragsgrundlage für Stuttgart 21 seitens der Bahn AG und des Bundes sei, dass das Projekt wirtschaftlich sein müsse. Diese Grenze werde von der Bahn erst bei 4,8 Milliarden Euro gezogen.

Auch der VCD regt an, bei der Benennung der Folgekosten "wenigstens eine grobe Abschätzung vorzunehmen". Denn "grundsätzlich sehen wir es als unzulässig an, ein Gesetz zur Abstimmung zu bringen, dessen Folgen und finanzielle Auswirkungen nicht übersehen werden können". Schließlich plädiert der VCD dafür, den Geißler-Kompromiss aufzuwerten. Darum müsse das Gesetz so lauten: "Die Landesregierung ist verpflichtet, den Kompromissvorschlag, Frieden in Stuttgart' von Schlichter Dr. Heiner Geißler weiterzuverfolgen und mit den Projektpartnern von Stuttgart 21 das Projekt Stuttgart 21 im Sinne des Kompromissvorschlags fortzuführen".

Das Gesetz für den Ausstieg

Text "Die Landesregierung ist verpflichtet, Kündigungsrechte bei den vertraglichen Vereinbarungen mit finanziellen Verpflichtungen des Landes Baden-Württemberg für das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 auszuüben." So lautet kurz und knapp das Kündigungsgesetz. Begründung 14 Seiten ist die Begründung des Gesetzes lang. Zunächst wird auf das Demokratieprinzip abgehoben, etwa dass sich bei der Landtagswahl "die Mehrheitsverhältnisse im Parlament entscheidend geändert" hätten, was sich auf die Beurteilung des Projekts auswirke. Die Hälfte des Textes widmet sich "Verkehrlichen Gründen". Dort werden kürzere Fahrzeiten bezweifelt, die Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs wird infrage gestellt, auf ökologische Risiken hingewiesen. Weiter wird "eine überwiegende Wahrscheinlichkeit" dafür angeführt, dass die Kostenobergrenze gesprengt wird. Bei Gesetzentwürfen sind die zu erwartenden Kosten für den Gesetzgeber zu nennen. Hier wären das Schadenersatzansprüche ans Land. Diese seien "völlig offen", heißt es, sie müssten gegebenenfalls "gerichtlich geklärt werden".