Tiere, die dem Bau von Stuttgart 21 in Obertürkheim im Wege sind, werden an den Killesberg umgesiedelt. Die Stadt hat auf Bitten des Landes die Fläche der Bahn zur Verfügung gestellt.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Dreihundertsechzig Mauereidechsen sollen von Obertürkheim an den Killesberg umsiedeln. Die Reptilien, die auf Gleisanlagen im Neckartal leben, logieren dann auf drei Hektar Grünflächen der Feuerbacher Heide in Nachbarschaft zur Porsche-Villa und dem Tennisclub Weissenhof. Weniger diese noble Umgebung als mehr die Flächenknappheit dürfte der Stadt die Entscheidung schwer gemacht haben. Auch im Rathaus sucht man immer wieder nach Arealen, auf die geschützte Arten umsiedeln können.

 

Zwischen Porsche-Villa und Tennisclub Weissenhof

„Das Land und das Regierungspräsidium haben uns darum gebeten“, sagt Erwin Grimme, Referent des Baubürgermeisters Peter Pätzold. Der hatte zuvor vor den Stadträten des gemeinderätlichen Umwelt- und Technikausschusses (UTA) nochmals auf den hohen Schutzstatus hingewiesen, den die Mauereidechsen nach europäischem Recht genießen.

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360 davon sollen zunächst auf die Flächen links und rechts der Straße verbracht werden, die sinniger Weise „Am Tazzelwurm“ heißt, benannt nach einem Fabeltier, das „als ein zwei Meter langes, sehr dickes, hinten abgestutztes, graues, giftiges Reptil mit zwei kurzen Vorderbeinen und spitzen Ohren beschrieben“ wird, wie im Buch „Die Stuttgarter Straßennamen“ nachzulesen ist. Vor Ort lebten schon einige Artgenossen der Mauereidechse, erklärte Pätzold. Ausgespart aus dem neuen Habitat werden lediglich zwei Flächen. Eine dient einem Zirkus als Spielstätte, auf der anderen parken Autos, wenn sich beim Turnier auf dem Weissenhof die Tenniselite die Ehre gibt. Trotz dieser Einschränkungen könnten in einer zweiten Tranche noch weitere 1500 auf den Killesberg umgesiedelt werden.

Stadt kündigt Eidechsen-Konzept für kommendes Jahr an

Stadtrat Alexander Kotz (CDU) äußerte die Vermutung, sämtliche Vertreter der Art schienen in Stuttgart zu siedeln. Er verwies auf Vorhaben der Stadt wie etwa die Vergrößerung einer Flüchtlingsunterkunft bei Hofen, die an artenschutzrechtlichen Vorgaben gescheitert seien. „Der Aufwand lässt sich den Menschen nicht vermitteln“. Gabriele Munk (Grüne) forderte, die Tiere möglichst nah an ihrem angestammten Habitat anzusiedeln. „Da bieten sich andere Bahnflächen an.“ Luigi Pantisano (SÖS-Linke-plus) trat dem Eindruck entgegen, die Eidechsen würden das Projekt spürbar verteuern. „Das sind die bautechnischen Probleme, auf die wir schon früh hingewiesen haben“. Michael Conz (FDP) sagte, Tierschutz müssen auch „immer verhältnismäßig sein“. Dieses Prinzip habe offenbar keinen Eingang in die europäische Gesetzgebung gefunden. Daran müsse man etwas ändern.

Peter Pätzold verwies abschließend darauf, dass bei der Ablehnung eines Windrades bei Weilimdorf das Schicksal der Gelbbauchunke entscheidend gewesen sei. Man könne Artenschutz nicht relativieren. Anfang 2018 soll ein Gesamtkonzept für den Umgang mit den Eidechsenarten vorliegen, so Pätzold. Wenn die Genehmigung vorliegt, möchte die Bahn im August mit der Umsiedlungsaktion beginnen.