Der neue Stuttgarter Baubürgermeister Peter Pätzold hat sein Amt angetreten und gleich eine Initiative seines Vorgängers Matthias Hahn übernommen: Das künftige Rosensteinviertel soll eine eigene Planungsabteilung bekommen.

Der Plan, im Stuttgarter Städtebaureferat ein neues Sachgebiet einzurichten, das sich ausschließlich mit der Planung des neuen Rosensteinquartiers und der Parkerweiterung beschäftigen soll, stammt noch aus der Feder von Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD). Umgesetzt wird das Vorhaben nun von seinem Nachfolger Peter Pätzold; der 47-Jährige muss zuerst dafür sorgen, dass der Gemeinderat in den Haushaltsberatungen dafür 600 000 Euro Sachkosten genehmigt. Der ehemalige Vorsitzende der Grünen-Fraktion ist am Dienstag vom Erdgeschoss in den zweiten Stock gezogen und hat offiziell sein Amt angetreten.

 

Als eine der größten Herausforderungen nennt er die Entwicklung des Rosensteinviertels. Das sieht der Stuttgarter Architekt Arno Lederer genauso. Anders als Pätzold ist er der Überzeugung, „vom Kriegsberg bis zum Wagenburgtunnel“ herrsche wegen Stuttgart 21 eine „Wüste“ , und die Verwaltung habe keinen Plan, wie sich die Stadt zwischen diesen Polen entwickeln werde (die StZ berichtete).

Der neue Bürgermeister für Städtebau und Umwelt widerspricht und verweist auf einen Bericht seines Amts im Städtebauausschuss Ende Juni. Dabei sei etwa vorgestellt worden, wie man sich den Bahnhofsnordausgang vorstelle. Es gebe zudem eine Arbeitsgruppe, die sich um die Verkehrsberuhigung der Schillerstraße vor dem Bonatzbau kümmere, die zum Vorplatz werden solle; dafür brauche es ein Wettbewerbsverfahren. Für die Umgestaltung der Willy-Brandt-Straße (B 14) zwischen Wagenburgtunnel und Neckartor durch einen Deckel werden 22 Millionen Euro im Etat veranschlagt.

Ein umfassendes Konzept existiert noch nicht

Ein umfassendes Konzept und eine komplett abgestimmte Planung für jede von der Bahn in den nächsten Jahren beanspruchte Fläche gebe es allerdings noch nicht, bestätigt Pätzold. Man dürfe sich aber nicht der Illusion hingeben, jede Baustelle werde künftig zum öffentlichen Platz, auch wenn er selbst ein Faible für begrünte Freiflächen habe. Die durch den Teilabriss frei werdende Fläche bei der Bahndirektion dürfte wieder bebaut werden. Und für das Gebiet hinterm Bahnhof könne es keine fertigen Pläne geben, da die Bürgerbeteiligung die entscheidenden Impulse geben solle.

In dem neuen Stadtteil werden einmal 7000 Menschen leben. Für die neu zu gründende Rosensteinviertel-Abteilung sind inklusive Personalkosten für 3,5 Stellen in den nächsten beiden Jahren 1,3 Millionen Euro nötig und danach jährlich 272 000 Euro. Um für die Entwicklung des Gebiets überhaupt planerische Schwerpunkte setzen zu können, stünden nur „etwa acht Jahre zur Verfügung“. Das sei nicht lange.

Hohe Erwartungen an das neue Viertel

Der zentrale Ort für die Planungsabteilung könnte ein Laden im Graf-Eberhard-Bau an der Eberhardstraße sein, wo man einen „Info-Punkt“ für Bürger einrichten wolle. Um das Projekt zu bewältigen, sei eine räumliche Abgrenzung und eine eigene Organisationseinheit zwingend, heißt es, da rund 100 Hektar Fläche, inklusive der Gäubahntrasse (37,7 Hektar) nicht wie „geläufige“ städtebauliche Projekte bearbeitet würden.

Eine sorgfältige Vorbereitung sei schon deshalb nötig, weil es sich um einen Wohnungsbauschwerpunkt der Region handele, die Erwartungshaltung an dieses Vorzeigeprojekt groß sei und die Debatte um Stuttgart 21 eine große Rolle spiele. Für eine kluge Entwicklung brauche es einen breiten Konsens für die Planung und Bürgerbeteiligung bis hin zu den Wettbewerben, Grundstückausschreibungen und der Vermarktung. Es bedürfe zahlreicher Einzel-Gemeinderatsentscheidungen. Eine wird die Grundsatzfrage betreffen, ob die von der Bahn für 805 Millionen Euro (Verkehrswert 2010) erworbenen Gebiete mit einer Gewinnerzielungsabsicht veräußert werden sollen, oder ob die Stadt bereit sein wird, aus städtebaulichen Gründen die Areale deutlich vergünstigt abzugeben.

Topografie des Areals ist noch unklar

Das Projekt teilt sich in mehrere Bereiche. Dazu zählt der Stadtraum um den Tiefbahnhof. Ziel sei das auch von Lederer geforderte gesamträumliche Konzept für die Bereiche Arnulf-Klett-Platz, Kurt-Georg-Kiesinger-Platz, Straßburger Platz, Schlossgartenanlagen und Schillerstraße. Wichtig seien zudem die Anschlüsse an die Bestandsgebiete. Unklar ist noch die Zukunft der Kulturdenkmale Gleisbogen, Lokomotivschuppen und Überwerfungsbauwerk. Nötig sei ein Plan für eine Aufwertung des Parkrands im Osten. Die „Lagegunst“ zwischen Neckar- und Cannstatter Straße würde gesteigert, wenn die Bundesstraße künftig im Tunnel verliefe.

Unscharf ist auch das Bild von der Topografie. Wo ist der höchste Punkt, wie verläuft die Kante zum Park? „Größte Sorgfalt“ sei nötig, denn „die Topografie eines Stadtteils wird Jahrhunderte Bestand haben“. Die Verwaltung will für 100 000 Euro ein digitales 3-D-Topographiemodell zur Bestandssituation investieren und für die Erklärungen in den politischen Gremien und Bürgerversammlungen eines zum Anfassen im Maßstab 1:500 bauen lassen.