Ex-Regierungschef Mappus ist nun doppelt im Visier der Ermittler: In der EnBW-Affäre wird gegen ihn wegen Verdachts auf Untreue ermittelt. Nun kommt ein Verfahren nach einer angeblichen Lüge vor dem U-Ausschuss zu Stuttgart 21 hinzu. Mappus ist empört.

Ex-Regierungschef Mappus ist nun doppelt im Visier der Ermittler: In der EnBW-Affäre wird gegen ihn wegen Verdachts auf Untreue ermittelt. Nun kommt ein Verfahren nach einer angeblichen Lüge vor dem U-Ausschuss zu Stuttgart 21 hinzu. Mappus ist empört.

 

Stuttgart - Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) soll den Untersuchungsausschuss zum harten Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner angelogen haben - nun ermittelt die Staatsanwaltschaft. Mappus hatte behauptet, nie Einfluss auf polizeiliche Einsatzfragen genommen zu haben. Hintergrund für die Ermittlungen wegen uneidlicher Falschaussage seien neue Unterlagen des Innenministeriums, in denen es Hinweise auf eine Einflussnahme gebe, teilte die Anklagebehörde am Freitag mit. Mappus ließ das von seinem Anwalt empört zurückweisen und stellte seinerseits einen Strafantrag gegen Unbekannt wegen Verleumdung und übler Nachrede.

Falschaussagen vor einem U-Ausschuss werden genauso geahndet wie vor Gericht - mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Der 47-jährige Mappus steht nun doppelt im Visier der Staatsanwaltschaft. In der Affäre um den milliardenschweren Einstieg des Landes beim Karlsruher Energieversorgers EnBW wird gegen Mappus wegen Untreue ermittelt.

Mappus soll auf Polizeieinsatz gedrängt haben

Die Staatsanwaltschaft erklärte in Sachen Stuttgart 21 allerdings auch, es gebe weiterhin keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Mappus Einfluss auf den Termin und die Durchführung des Einsatzes am 30. September 2010 genommen habe. Damals war ein Einsatz gegen Stuttgart-21-Gegner aus dem Ruder gelaufen. 130 Demonstranten und 34 Polizisten wurden damals nach Angaben des Innenministeriums verletzt.

Mappus soll aber laut den Notizen führender Polizeibeamter auf einen Polizeieinsatz gedrängt haben, der den Abriss des Nordflügels am Hauptbahnhof im Spätsommer 2010 möglich gemacht hat. Er soll demnach auf Warnungen des Stuttgarter Polizeichefs Siegfried Stumpf gesagt haben: „Bringen Sie den Bagger rein. Wenn Sie nicht wollen, hole ich eine Polizei aus einem anderen Land.“ Der Abriss markierte die ersten sichtbaren Bauarbeiten für das Bahnprojekt Stuttgart 21.

Der Ex-Ministerpräsident wies den Verdacht der Staatsanwaltschaft zurück. Mappus habe sich „auch im Zusammenhang mit Stuttgart 21 in allen Phasen dieser Angelegenheit nach Recht und Gesetz verhalten und dem zuständigen Untersuchungsausschuss hierüber nach bestem Wissen und Gewissen berichtet“, betonte sein Anwalt.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen den früheren Landespolizeipräsidenten Wolf-Dietrich Hammann, heute Amtschef im Ministerium für Integration, und den ehemaligen Ministerialdirektor Bernhard Bauer - ebenfalls wegen des Verdachts der Falschaussage. Auch sie hatten laut Anklagebehörde vor dem U-Ausschuss behauptet, es habe zu keinem Zeitpunkt politischen Einfluss auf polizeiliche Einsatzfragen gegeben. Hammann hatte diese Aussage vergangene Woche bekräftigt.

Vorgabe zum Wasserwerfer-Einsatz soll aus Politik gekommen sein

Mittlerweile beschäftigt sich ein zweiter Ausschuss mit dem Einsatz zur Räumung des Schlossgartens für die Baustelle des geplanten Tiefbahnhofs - auch „Schwarzer Donnerstag“ genannt. Das Gremium will mit Hilfe neuer Unterlagen klären, ob Mappus eine Mitschuld an der Eskalation trägt. Die Polizei hatte Wasserwerfer und Pfefferspray eingesetzt. Das Ermittlungsverfahren gegen Mappus zeige, dass es richtig gewesen sei, erneut einen U-Ausschuss einzusetzen, sagte SPD-Obmann Sascha Binder. „Wir haben im neuen Untersuchungsausschuss viel Arbeit vor uns.“

Ende vergangener Woche hatte das Innenministerium die brisanten Unterlagen an den U-Ausschuss verschickt. Nach Darstellung leitender Polizeibeamter soll Mappus demnach beim Einsatz gegen Stuttgart-21-Gegner die Marschroute vorgegeben haben. Demnach hat „die oberste politische Ebene“ rigide Vorgaben gemacht. Somit gibt es erstmals Hinweise aus der Polizeiführung, dass Mappus auch den harten Einsatz am 30. September 2010 beeinflusst hat - sogar die Vorgabe zum Einsatz der Wasserwerfer soll aus der Politik gekommen sein.

Die Hinweise zum 30. September 2010 reichten aber für einen Anfangsverdacht zu diesem Punkt nicht aus, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Sie erklärte zudem, gegen den früheren Stuttgarter Polizeipräsidenten Stumpf werde nicht ermittelt. Dieser habe vor dem U-Ausschuss nur erklärt, dass die Politik auf Termin und Durchführung des Einsatzes am 30. September 2010 keinen Einfluss genommen habe. Stumpf, der nach der Eskalation die alleinige Verantwortung übernahm und im April 2011 aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt wurde, hatte jüngst seine Aussage bekräftigt.

In dem Bericht des Innenministeriums werden vor allem Notizen mehrerer Beamter nach einer „Tagung Polizeilicher Aufgaben“ am 10. September 2010 zitiert. Das Ministerium bilanziert in dem Bericht, dass Notizen einzelner Besprechungsteilnehmer die Annahme nahelegten, dass der damalige Polizeipräsident Stumpf auf der Tagung von einer politischen Einflussnahme berichtet hat.