Am neuen Tiefbahnhof wird gebaut, seine acht Durchgangsgleise sollen den alten Kopfbahnhof mit 16 Gleisen ersetzen. Die Stuttgarter Netz AG aber will die bisherige Station zumindest in Teilen weiter betreiben.

Stuttgart - Mit mindestens einjähriger Verspätung wird sich das Verwaltungsgericht Stuttgart (VG) am Dienstag, 9. August, um 14 Uhr mit der Klage der Stuttgarter Netz AG gegen die Bundesrepublik Deutschland befassen. Der Zusammenschluss aus mehreren kleinen Bahnunternehmen will zumindest Teile des alten Kopfbahnhofs samt der zuführenden oberirdischen Gleise retten, um unabhängig von der neuen Stuttgart-21-Infrastruktur Schienenverkehr betreiben zu können.

 

Die Verhandlung war vom Gericht bereits für letztes Jahr vorgesehen worden, die Netz AG hatte aber im März 2015 personelle Wechsel zu verkraften und war damals zeitweise nicht handlungsfähig. Die Deutsche Bahn sieht im neuen Durchgangsbahnhof keinen Neubau des Bahnknotens Stuttgart, sondern einen Umbau. Für die Netz AG, sagt deren Vorsitzender Rainer Bohnet, sei es ein Neubau. Daher hätte das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) vor seiner Genehmigung der Pläne ein Stilllegungsverfahren für die alte Infrastruktur einleiten müssen.

Interesse an der Übernahme bekunden

Dieses Stilllegungsverfahren will sich die Netz AG erstreiten. Die Bahn soll einen entsprechenden Antrag stellen müssen. Erst mit diesem würden die kleineren Verkehrsanbieter die Möglichkeit erhalten, in einem geregelten Verfahren förmlich ihr Interesse für die Übernahme und den weiteren Betrieb der alten Infrastruktur zu bekunden.

Die Stilllegung und der Abbau von Schienen-Infrastruktur sind in Deutschland nicht ganz einfach, wenn sich ein Betreiber findet, der einen Bedarf und ein tragfähiges Konzept zum weiteren Betrieb nachweisen kann. Genau das wollen Bohnet und seine Mitstreiter tun, wenn sie vor dem VG obsiegen.

Kopfbahnhof eigne sich für Verstärkerzüge

Aus Sicht der Stuttgarter Netz AG sind die Kapazitäten im neuen Tiefbahnhof und auf den Zulaufstrecken begrenzt. Zusätzliche Züge könnten in der Hauptverkehrszeit morgens und abends nicht bewältigt werden. Der Kopfbahnhof aber eigne sich hervorragend für Verstärkerzüge, die in Stuttgart enden oder beginnen würden. Die Netz AG spricht davon, neue Verbindungen anbieten zu wollen. Dazu will sie den Kopfbahnhof und zumindest Teile des Gleisvorfelds von der DB Netz AG übernehmen.

„Der oberirdische Bahnhof muss erhalten bleiben, damit Stuttgart nicht eines Tages am Individualverkehr erstickt und damit Stuttgart seine Funktion als deutscher Eisenbahnknoten weiterhin erfüllen kann“, sagt Arthur-Iren Martini. Der 67-Jährige führt seit dem 1. Juni den Aufsichtsrat der Stuttgarter Netz AG. Martini führte zuletzt als Geschäftsführer den Wirtschaftsverband deutscher und europäischer privater Güterbahnen.