Verkehrsminister Hermann (Grüne) findet den „Filderbahnhof plus“, der beim Filderdialog als zweitbeste Lösung identifiziert wurde, besser als die von der Bahn geplante Variante. Er will die prognostizierten Mehrkosten aber nicht zahlen. Die Bahn auch nicht. Und da fangen die Probleme erst an.

Stuttgart - Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat gegenüber der Stuttgarter Zeitung erstmals eingeräumt, dass auch er den sogenannten Filderbahnhof plus „im Vergleich mit der bisher von der Bahn geplanten Variante für die bessere Lösung“ hält. Dennoch sei er nicht bereit, einen Anteil an den Mehrkosten dafür zu übernehmen. Seine Begründung: im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 nutze die optimierte Version des Filderbahnhofs zwar den Fahrgästen, die schneller von der Station zum Flugterminal gelangten, in verkehrlicher Hinsicht bringe die Alternative aber keinen Vorteil – „und das ist es, was für den Verkehrsminister entscheidend ist“.

 

In einem Brief an Bahn-Infrastrukturvorstand Volker Kefer habe er trotzdem seine Forderung nach einer raschen Sitzung des Lenkungskreises erneuert, sagte Hermann. Die S-21-Projektpartner Bahn, Land, Stadt Stuttgart und Verband Region Stuttgart müssten jetzt entscheiden, welche Bahnhofsvariante am Flughafen gebaut werden soll. Er lasse sich nicht dafür verantwortlich machen, „wenn es zu Verzögerungen kommt“. Es sei vielmehr die Bahn, die immer wieder für Überraschungen sorge. So habe ihm zwar Volker Kefer Gesprächsbedarf in Sachen Flughafen signalisiert. „Wenn aber gleichzeitig Projektsprecher Wolfgang Dietrich sagt, dass auf den Fildern wegen der Weigerung des Landes der schlechtere Bahnhof gebaut wird, dann wundert mich das“, sagte Hermann.

Die Variante "Filderbahnhof Plus"

Bopp plädiert offen für die Plus-Variante

Dietrich hatte erst am Mittwoch erneut erklärt, er glaube nicht, dass sich Land und Stadt für den Filderbahnhof plus aussprächen. „Unsere Planung geht davon aus, dass wir die sogenannte Antragstrasse realisieren“, sagte er. Spätestens Ende April wolle die Bahn die Pläne zur Genehmigung an das Eisenbahn-Bundesamt senden. Dietrich kündigte zudem an, dass in den nächsten Tagen der Termin für die nächste Sitzung des Lenkungskreises ausgemacht werden soll – offenbar Mitte/Ende April.

Der Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) hat sich am Donnerstag nochmals öffentlich für den Filderbahnhof plus ausgesprochen. Damit werde „aus einem reinen Zubringerbahnhof für den Flughafen ein Umsteigebahnhof, der S-Bahn, Regional- und Fernzüge verbindet“, sagte er. Zudem entlaste diese Variante den Hauptbahnhof und die überlastete S-Bahn-Stammstrecke in der Innenstadt. „Die Landesregierung muss jetzt rasch den Aufschlag machen“, sagte Bopp. „Wir fordern, dass sie darüber nochmals nachdenkt.“ Unter den Befürwortern gibt es offenbar Überlegungen, dass die Flughafen GmbH, an der Land (65 Prozent) und Stadt (35 Prozent) beteiligt sind, einen höheren Anteil übernimmt – und damit eine direkte Beteiligung von Land und Stadt kaschiert werden könnte. Beide lehnen die Übernahme von Mehrkosten ab.

Hermann: Der Flughafen gibt nicht mehr

Hermann will auch keine Finanzierung durch den Flughafen

Doch auch dieser Variante erteilte Winfried Hermann eine Absage. Der Minister, in Personalunion Aufsichtsratschef der Flughafen GmbH, betonte, dass sich der Flughafen bereits mit mehr als 300 Millionen Euro an Stuttgart 21 beteilige. Das sei im Blick auf den aus seiner Sicht fragwürdigen Nutzen des Bahnprojekts für den Flughafen „bereits so viel Geld, dass kein weiteres dazukommen darf“. Dies habe wohl auch die Mehrheit des von den Grünen initiierten Filderdialogs so gesehen, die den Erhalt der bisherigen Gäubahntrasse und eine Anbindung des Flughafens über einen ausgebauten S-Bahn-Halt in Stuttgart-Vaihingen beschlossen habe. „Diese Lösung ist aber am Veto der anderen Projektpartner gescheitert“, sagte der Minister.

In der Tat hatten Bahn, Stadt und Region im Sommer 2012 das Votum des Filderdialogs mit dem Hinweis auf die bestehenden Verträge abgelehnt. Darin ist fixiert, den Flughafen direkt ans Fernbahnnetz anzubinden. „Wir hatten uns auch darauf geeinigt, dass der Kostendeckel gilt und jede Veränderung, die Mehrkosten mit sich bringt, nur realisiert wird, wenn jemand dafür bezahlt“, sagte Hermann. Offenbar ist man im Ministerium auch darüber irritiert, dass Kefer kategorisch eine Beteiligung der Bahn an den Mehrkosten abgelehnt hat. Auch in dem um zwei auf 6,5 Milliarden Euro erhöhten Kostenrahmen sind die Mehrkosten für den Filderbahnhof Plus nicht enthalten. Sie sind in ein Extrapaket von zusätzlich 300 Millionen Euro gepackt, in dem die Bahn auch die Kosten für Verbesserungen aus der Schlichtung aufführt.

Die Variante "Antragstrasse"

Die zweitbeste Lösung im Filderdialog

Der verbesserte Flughafenbahnhof war im Filderdialog als zweitbeste Lösung erkannt worden. Die Bahn rechnet damit, dass diese Variante 224 Millionen Euro teurer wird als die bisher geplante, die der Konzern mit 403 Millionen Euro veranschlagt. Dafür läge die Station für Fern- und Regionalzüge näher an dem bestehenden S-Bahn-Halt und am Flughafenterminal. Außerdem wäre sie bei Weitem nicht so tief unter der Erde, was vor allem im Blick auf den Brandschutz von Vorteil wäre.

Querschnitt: So soll der Filderbahnhof einmal aussehen.

Demgegenüber würde der im Rahmen der sogenannten Antragstrasse geplante Flughafenbahnhof etwa 170 Meter nördlich des Terminals und der bestehenden S-Bahn-Station und fast 30 Meter unter der Erde gebaut werden. Um vom Keller ins Erdgeschoss zu gelangen, müssten die Fahrgäste einen von zwölf dafür vorgesehenen Expressaufzüge nehmen. Eine Rolltreppe wäre nicht vorhanden. Eine Genehmigung für die Antragstrasse kann die Bahn bislang nicht vorweisen, im Gegenteil. In einem über neun Jahre laufenden Verfahren hatte das Eisenbahn-Bundesamt immer wieder Nachbesserungen gefordert.