Nach dem Fund der Sandsteinplatten gehen die Arbeiten auf der S-21-Baustelle im Mittleren Schlossgarten unbeeinträchtigt weiter. Weitere Grabungen soll es nächste Woche geben.

Stuttgart - Die vor allem in Expertenkreisen geführte kontroverse Debatte um die archäologische Begleitung der S-21-Bauarbeiten im Mittleren Schlossgarten hat durch den Fund der Steinplatten neue Nahrung erhalten. So fordert der Stuttgarter Historiker Harald Schukraft, dass das Denkmalamt seine Einschätzung, es seien dort nur Zufallsfunde zu erwarten, überprüft und dass während der Aushubarbeiten künftig ein möglicherweise auch ehrenamtlich verpflichteter Heimat- oder Denkmalpfleger täglich die Situation vor Ort auf der Baustelle beobachtet.

 

Wie die Stuttgarter Zeitung am Donnerstag exklusiv berichtete, waren am Montag dieser Woche Experten der Universität Hohenheim und des Landesamts für Denkmalpflege bei einer gemeinsamen Sondage in zweieinhalb Metern Tiefe auf die Platten gestoßen. Um die archäologische Bedeutung und den Befund zu klären, müsse weiter gegraben und untersucht werden, hatte Nadine Hilber, Sprecherin des für das Denkmalamt zuständigen Regierungspräsidiums Suttgart erklärt. Dies werde aktuell aber keine Auswirkungen auf die Arbeiten im Schlossgarten haben.

S-21-Sprecher bestätigt Aussagen des Regierungspräsidiums

Das S-21-Kommunikationsbüro reagierte am Freitag Nachmittag auf die am Donnerstag Nachmittag von der StZ gestellte schriftliche Anfrage und bestätigte im Grundsatz die Aussagen des Regierungspräsidiums. Ergänzend erklärte es, dass die Platten nach ersten Einschätzungen des Denkmalamts aus dem 18. Jahrhundert stammen könnten. Erste weitergehende Erkundungen seien für die kommende Woche geplant. Schon am Freitag Vormittag hatte der S-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich gegenüber der Nachrichtenagentur dpa erklärt, dass „die Bauarbeiten vollumfänglich weiter gehen“ und damit die am Vortag gegenüber der StZ geäußerte Einschätzung des Regierungspräsidiums bestätigt.

Das Kommunikationsbüro widersprach aber, dass das in etwa zwei Meter Tiefe einfließende Wasser in zwei Sondage-Gruben Grundwasser sein könne. „Es handelt sich um Niederschlags- bzw. Sickerwasser“, heißt es in der Presseinformation des S-21-Kommunikationsbüros. Harald Schukraft, der bei der Sondage am Montag anwesend war, berichtet von einem regelrechten Wassereinbruch. „Das sprudelte heraus wie bei einer artesischen Quelle“, sagte er – also wenn Wasser in einer Senke austritt.

Auffälliges Steinmetzzeichen auf einer der Platten

Der Stuttgarter Historiker hat sich natürlich auch Gedanken über den Fund gemacht. Dass es sich bei den seiner Ansicht nach aufwendig bearbeiteten Sandsteinplatten um Überreste eines reinen Zweckbaus – etwa zum Schutz vor Überschwemmungen durch den Nesenbach – handelt, hält er für eher unwahrscheinlich. Ihm erscheint es plausibler, dass sie Teil eines Gebäudes für die höfische Gesellschaft waren – vielleicht einer Ballspielanlage, wie, das weiß man aus anderen Quellen, sie Herzog Friedrich nach einem Besuch Londons im Schlossgarten bauen ließ. Das auffällige Steinmetzzeichen auf einer der Platten könnte dann eine Markierung für die Spiele sein. Auch das meterhohe Fundament und offenbar weitere, darunter liegende Steinplatten machten ohne weitere Grabungen und Untersuchungen eine Bestimmung schwierig, sagte Schukraft: „Das ist schon mysteriös“.

Für den Historiker ist der Fund, der zufällig bei einer bodenkundlichen Sondage zutage trat, genauso wie der unter ähnlichen Umständen vor zwei Jahren entdeckte steinerne Kopf ein weiterer Beweis dafür, dass es sich bei dem gesamten S-21-Baufeld im Schlossgarten um ein „sensibles Gelände“ handelt. Schließlich soll dort auch ein römischer Gutshof gestanden haben. Schukraft fordert, dass die Aushubarbeiten ständig von einem Experten der Denkmalpflege begleitet werden, ansonsten bestehe die Gefahr, dass Funde nicht erkannt würden. Die Bahn verweist darauf, dass archäologische Belange eine „hohe Priorität“ hätten, wie das Kommunikationsbüro am Freitag erklärte. Deshalb unterstütze die Bahn die Arbeiten der Experten des Denkmalamts.